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KATHOLISCHE PRIESTERINNEN - EINE UTOPIE?

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Der Salzburger Neutestamentier Wolfgang Beilner hält die Argumente gegen die Priesterweihe der Frau für nicht biblisch gedeckt, wie er in einem Interview mit den „Salzburger Nachrichten” (1. Juni 1993) ausführte.

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Der Salzburger Neutestamentier Wolfgang Beilner hält die Argumente gegen die Priesterweihe der Frau für nicht biblisch gedeckt, wie er in einem Interview mit den „Salzburger Nachrichten” (1. Juni 1993) ausführte.

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Der Standpunkt, Jesus habe nur Männer als Apostel berufen, ist laut Beilner „ein sehr zu respektierender”. Doch er ergänzt: „Aber es ist unbestritten, auch im Weltkatechismus, daß die Einsetzung von zwölf Männern einem israelitischen Menschen der damaligen Zeit die Herleitung des Zwölf-Stämme-Volkes Israel von den zwölf Stammvätern in Erinnerung rufen sollte. Die alte Biologie war überzeugt, daß das menschliche Leben aus dem Vater kommt, daß also im Stammvater alle Nachkommen bereits enthalten sind. Das Zeichen Jesu - die endzeitliche Sammlung des Gottesvolkes beginnt jetzt in diesen zwölf Stammvätern - wäre nicht verstanden worden, wenn nur eine einzige Frau unter den Zwölf gewesen wäre.”

Pointiert befaßt sich der Theologe mit dem Argument, am Letzten Abendmahl hätten keine Frauen teilgenommen: „Obwohl man damals streng auf Geschlechtertrennung achtete, war die Frau beim jüdischen

Paschamahl selbstverständlich dabei. Daher meine ich, man kann es Jesus nach dem Gesamtbefund der Evangelien nicht zutrauen, daß er bewußt jene Frauen vor dem Paschamahl weggeschickt haben soll, die ihn und die Jünger begleiteten, die mit ihrem Geld für den Unterhalt sorgten, die als einzige in der Nähe des Kreuzes aushielten und denen er zuerst als Auferstandener erschienen ist.

Aber selbst wenn entgegen meiner Annahme die Frauen beim Letzten Abendmahl gefehlt hätten, wäre das kein Argument gegen die Frauenor-dination. Wer sagt, beim Letzten Abendmahl wurde die Priesterweihe eingesetzt und Jesus habe dafür nur Männer auserwählt, müßte auch sagen, damals wurde das Sakrament der Eucharistie eingesetzt, und weil keine Frauen dabei waren, dürfen Frauen nicht zur Kommunion gehen...”

Die Ansicht, nur ein Mann könne „in persona Christi” handeln, hinterfragt Beilner mit dem Hinweis, Paulus schreibe im zweiten Korinther-brief männlichen Christen, er wolle sie Christus als „reine Braut” darstellen: „Wenn ich als Mann nach dieser religiös-symbolhaften Sprache eine ,Braut' darstellen kann, dann wird auch eine Frau fähig sein, jenen Christus darzustellen, von dem es heißt, daß in ihm weder Mann noch Frau ist.” Wenn Frauen seit dem Mittelalter in Ausnahmefällen „in persona Christi” das Taufsakrament spenden können, dann stelle sich die analoge Frage auch für die Eucharistie.

Beilner siehtkein Problem, die lange Tradition der Kirche in dieser Frage zu revidieren: „Entgegen ihrer bisherigen Meinung ist die Kirche wohl in der Lage, Frauen zu Priesterinnen zu weihen, und sie müßte diese ihre Bevollmächtigung nutzen.” Der Neu-testamentler sieht einen „Bedarf nach Frauen mit sakramentaler Weihegewalt”. In weiten Teilen Lateinamerikas müsse ein Pfarrer, Jieilfroh” sein, „wenn eine Frau als Gemeindeleiterin zur Verfügung steht”.

Beilner will aber keiner „Notlösung” das Wort reden, sondern auf einen Bedarf hinweisen, für ihn „ein Wink des Geistes Gottes, daß die Kirche heute das Priesteramt der Frau braucht”. Für eine solche Reform, zu der „kein gegenteiliger biblischer Befund” vorliege, verlangt der Bibelexperte aber Zeit: „Der Mensch neigt in Glaubensangelegenheiten notwendigerweise zu Konservativismus. Man darf ihn nicht überfahren.”

Der nächste Schritt in der Amtsfrage, so Wolfgang Beilner, werde sein, „daß man das uralte Institut des weiblichen Diakons in der katholischen Kinjhe tatsächlich wieder erweckt”. Sein abschließender Blickin die Zukunft: „Ich rechne mit einer Generation, vielleicht etwas früher, bis es katholische Diakoninnen gibt, und mit zwei Generationen, bis es Frauen unbeeinsprucht als Priesterinnen in

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