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Kehrt Canterbury heim nach Rom?

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„Wenn der Wille Gottes zur Einheit der ganzen christlichen Gemeinschaft in Liebe und Wahrhaftigkeit erfüllt werden soll, dann müssen … die allgemeinen Aspekte des Episkopates zum Nutzen der ,Koinonia’, der Gemeinschaft der Kirchen, auf universeller Ebene realisiert werden. Der einzige Bischofssitz, der einen Anspruch auf ein universelles Primat erhebt und dieses ausgeübt hat und immer noch ausübt, ist der Bischofssitz von Rom, jener Stadt, in der Petrus und Paulus gestorben sind. Es scheint angemessen zu sein, daß innerhalb jeder künftigen Union ein universelles Primat wie das hier beschriebene von diesem Bischofssitz ausgeübt werde.”

Mit diesen Worten aus Kapitel V, Absatz 23, der dritten und letzten Erklärung der Internationalen Anglikanisch-Katholischen Kommission vom Jänner dieses Jahres scheint eines der letzten großen Hindernisse überwunden worden zu sein, das einer Vereinigung der römisch-katholischen mit der anglikanischen Kirche noch im Wege stand - genauer gesagt: einer Heimkehr der anglikanischen Christen in den Schoß der Mutterkirche, nach einer Trennung von über 400 Jahren. Die internationale Theologenkommission unter dem gemeinsamen Vorsitz des katholischen Bischofs Clark und des anglikanischen Bischofs McAdoo hat in den rund 7 Jahren ihres Bestehens hervorragende Arbeit geleistet; in ihrer ersten Erklärung 1971 wurden die grundlegenden Gegensätze zwischen den beiden Kirchen in der Frage der Eucharistie, richtiger gesagt: der Transsubstanzia- tionslehre, beseitigt, 1973 in der zweiten Erklärung wurde das Problem des kirchlichen Lehramtes einvernehmlich gelöst. Und mit der jetzigen Erklärung hat sich nun auch ein Wort erfüllt, daß der verstorbene englische Kardinal Heenan mir schon vor fast fünf Jahren im Verlauf eines Interviews sagte: „Ich glaube nicht, daß es lange dauern wird, bis Anglikaner und Katholiken auch formell wieder zueinander finden. Wir stellen immer mehr fest, daß die zwischen uns noch vorhandenen Unterschiede hauptsächlich aus Worten, aus Auslegungen bestehen, nicht aber aus konkreten Meinungsverschiedenheiten. Und sogar was die Frage der Oberhoheit des Papstes betrifft, kann ich Ihnen hier sagen, daß mein guter Freund, der Erzbischof von Canterbury (damals Dr. Ramsey) mir gegenüber erklärt hat, daß er auch darin keine besonderen Schwierigkeiten sehe, vorausgesetzt, man könne diese Rolle des Papstes so definieren, daß sie für die Mehrheit der Anglikaner akzeptabel werde.”

Genau das aber ist jetzt, fünf Jahre später, tatsächlich geschehen, und man darf den weiteren anglikanischkatholischen Gesprächen mit berechtigtem Optimismus entgegensehen, wenn man sich auch der immer noch vorhandenen Schwierigkeiten bewußt bleiben muß. Das jetzige Dokument der Theologenkommission läßt nach wie vor verschiedene Fragen offen, besonders was die Unfehlbarkeit des Papstes bei „Ex cathedra”-Erklärun- gen betrifft. Und so optimistisch auch Bischöfe und führende Theologen in beiden Lagern sein mögen, so oft kommt es doch immer wieder vor, daß manche Aspekte der ökumenischen Bewegung in ihrer Gesamtheit von denen scharf kritisiert werden, die mit den praktischen Problemen von Seelsorge und Gottesdienst am engsten vertraut sind, nämlich von den einfachen Geistlichen - ganz besonders von denen der sogenannten anglikanischen „Low Church”, die dem Reformationsgedanken viel stärker verbunden ist.

Aber wenn der anglikanische Vorsitzende der Kommission, Bischof McAdoo, in einer Pressekonferenz auch sorgfältig betont hat, däß von einer sofortigen Vereinigung der beiden Kirchen unter Führung des Papstes zur Zeit noch keine Rede sein könne, so gab er doch seiner Überzeugung Ausdruck, daß man jetzt eine ausreichend solide Grundlage gelegt habe, um alle noch offenen Fragen positiv beantworten zu können. Der Bischof ging dabei sogar so weit, das jetzige erfolgreiche Konzept für den katholisch-anglikanischen Dialog als Vorbild für eine schließliche Vereinigung auch mit den orthodoxen Kirchen zu bezeichnen, „… eine Situation, in der sich ähnliche Probleme der kirchlichen Autorität ergeben”.

Vor über 15 Jahren hat Papst Johannes XXIII. der ökumenischen Bewegung neues Leben eingehaucht und damit einen Stein ins Rollen gebracht, der allen Hindernissen zum Trotz nicht mehr aufzuhalten sein dürfte.

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