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Kein Bedarf für Privatgymnasien?

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„Ich werde zwar für die Integrierte Gesamtschule kämpfen, aber niemanden damit beglücken“, versicherte Wiens Vizebürgermeisterin Gertrude Fröhlich-Sandner noch im Frühjahr, als sie Journalisten durch verschiedene Bildungseinrichtungen der Hauptstadt führte. Was sich aber nun im 22. Wiener Gemeindebezirk tut, nährt sehr intensiv den Verdacht, daß dort sehr wohl an Zwangsbeglückung gedacht sei

Dort gibt esiür den gesamten Bezirk Donaustadt, als allgemeinbildende höhere Schule, lediglich das Bundesgymnasium und Realgymnasium XXII in der Bernoullistraße, das längst dem Bedarf der stark ausgebauten Wohnviertel jenseits der Donau nicht mehr genügen kann. Nun wären die Schwestern vom Kinde Jesu, die bei ihrem Kloster in der Hardeggasse bereits eine Volksschule mit Halbinternat führen, bereitgewesen, Gründe für den Bau einer privaten katholischen höheren Schule zur Verfügung zu stellen. Die Baukosten für eine Anstalt der erforderlichen Größe wurden mit rund 120 Millionen Schilling kalkuliert - da es jedoch für Schulbauten keine Förderung gibt, wie sie etwa Internate aus den Wohnbauförderungsmitteln erhalten können, hätten Schulerhalter und Eltern den vollen Aufwand aufbringen müssen-jährlich etwa 10 bis 13 Millionen Schilling. Mehr, als von Privatleuten aufgebracht werden kann.

Man wandte sich daher an den Bund, Um eine Sonderförderung zu erreichen (die in anderen Fällen auch recht großzügig erteilt wurde) und

erhielt die Antwort, daß der Bedarf für die Schule angesichts der öffentlichen Planungen nicht gegeben sei -denn in der Gegend soll eine Integrierte Gesamtschule entstehen, die den Bedarf an schulischen Möglichkeiten für die Zehn- bis Vierzehnjährigen abdecken soll.

Während in Wien wegen der schwächerwerdenden Jahrgänge der in die Schule nachrückenden Kinder in den letzten Jahren jeweils bis zu 30 Volksschulklassen gesperrt werden mußten und auch im allgemeinen die Uberbelegung abgebaut werden konnte, ist gleichzeitig die Nachfrage nach Schulplätzen in den katholischen Privatschulen ungebrochen stark. Hier ist von sinkenden Schülerzahlen keine Rede. Noch immer müssen viele Eltern abgewiesen werden.

Prälat Franz Denk, Chef des erzbischöflichen Schulamtes, legte in einer Pressekonferenz die Zahlen vor: In der Stadt Wien gibt es heute 29 kirchliche Volks- und 18 Hauptschulen, im gesamten Bereich der Erzdiözese in 34 Volksschulen 8500 und in 20 Hauptschulen 3700 Schüler. Zwar deckt der Bund - auf Grund der Konkordatsverträge - seit 1972 den gesamten Lehreraufwand der Privatschulen, aber nicht nur das sonstige Personal, von der Sekretärin bis zum Schulwart, sondern auch der gesamte Sach- und Bauaufwand muß von den Schulerhaltern - der Erzdiözese oder verschiedenen Orten -und den Eltern aufgebracht werden. 150 Millionen Schilling müßte der Staat zusätzlich auf Dringen, würden die Privatschulen ihre Tätigkeit einstellen.

Eltern, die ihre Kinder in Privatschulen schicken, sind damit doppelt belastet - sie zahlen Schulgeld, müssen aber gleichzeitig mit ihren Steuern das öffentliche Schulwesen mitfinanzieren. Nun stellt aber die Menschenrechtskonvention fest: „Der Staat hat bei der Ausübung der von ihm auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Uberzeugungen sicherzustellen.“ Daraus leiten die Vertreter der Eltern an den Privatschulen einen Rechtsanspruch ab, daß ihnen diese Lasten vom Staat abgegolten werden, sei es über Direktsubventionen zum Bau-und Sachaufwand, sei es durch Re-fundierung ihrer Leistung auf dem Weg von Steuerermäßigungen.

Der starke Zuzug* zu den katholischen Privatschulen macht es notwendig, die Anmeldungen für das nächste Schuljahr schon jetzt einzubringen. Sollten an der gewünschten Schule keine Plätze mehr frei sein, vermittelt die neugeschaffene Elternberatungsstelle des erzbischöflichen Schulamtes am Stefansplatz 3/IV (Telefon 52 93 20, 52 99 60) die Einweisung in allenfalls an einer anderen Schule noch freie Plätze. Auch bei sonstigen Schulproblemen stehen die Fachleute der Elternberatung mit Rat und Tat zur Verfügung.

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