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Kein „Faust II“

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Unsere Branche ist im Ver-gleich zu anderen eine mick-rige Angelegenheit“ , meinte Milo Dor, einer der bekanntesten zeit-genossischen Autoren Oster-reichs, Mitbegriinder und Prasi-dent der Beruf svertretung „Inter-essengemeinschaft Osterreichi-scher Autoren“ (IG-Autoren), im Gesprach mit der FURCHE iiber die finanzielle Lage der heimi-schen Schriftsteller.

Da das Verlagswesen hierzu-lande im Vergleich zu dem der Bundesrepublik sehr klein ist, die Leser iiberdies selten und wenn, dann meist zu auslandischer Bel-letristik greifen, ist es fiir Osterreichs Literaten besonders schwer, ihre Werke zu vermarkten.

Damit die Entscheidung, ob ein Buch verlegbar ist, nicht von finanziellen Überlegungen abhängig ist, wird das literarische Leben vom Bund mittels eines eigens eingerichteten Budgets subventioniert. Im alljährlichen Kunstbericht des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Sport steht das Bekenntnis zum „Pluralismus in der Förderungspolitik“. Auch in der kürzlich beschlossenen Änderung des Kunstförderungsgesetzes wird der Wille zur Subvention formuliert.

Im Rahmen einer siebzehnpro-zentigen Aufstockung des Kunstbudgets, die nach Meinung von Beobachtern angesichts vieler Kürzungen in anderen Bereichen nur aus Reputationsgründen geschah, ist auch der Staatshaushalt zur Unterstützung der Literatur von 27,917.000 auf 30,684.000 Schilling erhöht worden. Die Direktförderung der Schriftsteller erfolgt durch Stipendien, über deren Vergabe Beiräte entscheiden, die dem Minister entsprechende, allerdings nicht zwingende Vorschläge unterbreiten.

Die Dichter regen freilich einige, von offizieller Seite nicht gehörte Modifikationen an. Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG-Autoren, erklärte im Gespräch, die Autoren stünden unter einem zu großen Leistungsdruck, da die Stipendienvergabe zeitlich zu knapp limitiert sei. Außerdem forderten einige übereifrige Autorenkreise bei der Novellierung des Kunstförderungsgesetzes, die Beiräte sollten dem Minister keine Rechenschaft ablegen müssen. Ministerialrat Wolfgang Unger vom Unterrichtsministerium lehnte das der FURCHE gegenüber mit dem Hinweis auf die verfassungsrechtlich fundierte alleinige Verantwortung des Ministers dem Parlament gegenüber ab.

Franz Leo Popp von der „Literarischen Verwertungsgesellschaft“ (LVG) begrüßte die gesetzliche, wenn auch fakultative Einrichtung von Beiräten und erwähnte die Priorität der produzierenden gegenüber der reproduzierenden Kunst als weiteren erfreulichen Aspekt. Der Mangel liege, so Popp, in der fehlenden Aussage über finanzielle Leistungen, und Milo Dor bezeichnete das Gesetz als bloße „Absichtserklärung und Augenauswischerei ohne konkrete Ansätze“.

Obwohl in vielen Punkten Kritik am Platze ist, hat sich die finanzielle und soziale Lage der österreichischen Literaten in den letzten Jahren deutlich gebessert. Die Gefahr, daß ein Schriftsteller im wahrsten Sinn des Wortes hungern muß, ist nicht mehr gegeben. Das ist vor allem der Einrichtung des Sozialfonds zu verdanken. Aus diesem Topf, der von der „Literarischen Verwertungsgesellschaft“ verwaltet wird und vom Bund zuletzt mit etwa 14,5 Mülionen Schüling im Jahr gespeist wurde, wird der Arbeitgeberanteil zur Krankenversicherung bezahlt. Und als Altersversorgung erhält jeder Schriftsteller nach den Richtlinien des Fonds mindestens das Zweieinhalbfache des sogenannten Richtsatzes, das sind nunmehr 12.510 Schilling monatlich.

Wenn der Autor jedoch im Alter noch Bücher publiziert oder frühere Werke neu erscheinen läßt, wird ihm das erzielte Honorar unsinnigerweise von der „Pension“ abgezogen. Unter diesen Bedingungen wäre wohl Goethes Alterswerk, etwa der zweite Teil von „Faust“, nie entstanden.

Der Sozialfonds ist das Pendant zu dem in der Bundesrepublik eingerichteten Fonds, der aus dem „Bibliotheksgroschen“ gespeist wird: für jede Ausleihung eines Buches aus einer Bibliothek wird ein geringer Betrag an den Fonds überwiesen. Diese Lösung wurde hierzulande von ministerieller Seite immer wieder mit der Begründung abgelehnt, keine Gelder ins Ausland fließen lassen zu wollen, da ja in Österreich hauptsächlich fremdländische Belletristik gelesen - und entliehen -wird.

Die Präsentation österreichischer Literatur im Ausland wird allerdings subventioniert: Verlage, die einen heimischen Autor in die Sprache ihres Heimatlandes übersetzen wollen, haben die Möglichkeit, um einen Zuschuß von höchstens 25.000 Schilling anzusuchen.

Schließlich will der Bund auch die oft sehr triste finanzielle Lage der Kleinverlage und Literatur-und Kulturzeitschriften verbessern. Die Bedeutung der Kleinverlage und Zeitschriften besteht vor allem darin, daß sie bisher unbekannte Autoren publizieren — und dadurch dem literarischen Leben zuführen.

Kleinverlage sollten sich deshalb aufgrund ihrer unbestrittenen Qualität als hochwertiger Kontrapunkt zu den großen Verlagen (Zsolnay-Verlag, österreichischer Bundesverlag) etablieren können. Der Bund förderte zuletzt sechs dieser Privatverlage und zwei Literaturzeitschriften mit einer Subvention von je 100.000 Schilling. Der Ruf nach mehr gellt den Ministerien ohnedies ständig im Ohr.

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