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Mit 1. Jänner 1972 treten für die Gemeinsame Filmprädikatisierungs- kommission Österreichs (GFPK) neue Richtlinien in Kraft. Dieser Kommission gehören auf freiwilliger Basis und koordiniert durch die Verbindungsstelle der Bundesländer Vertreter aller Länder an; selbst Vorarlberg hat sich im Laufe der letzten Amtsperiode der GFPK angeschlossen. Den neuen Richtlinien kommt deshalb besondere Bedeutung zu, weil diese die Arbeit der Kommissionsmitglieder wesentlich erleichtert. Beim Filmprädikat „Sehenswert“ etwa kommt nunmehr viel deutlicher zum Ausdruck, daß der Film entweder wegen seiner thematischen oder wegen seiner fllmkünst- lerischen Bedeutung harvorgehoben werden kann. Ähnliches gilt auch für das Prädikat „Wertvoll“.

Es hat sich, soweit es die Mitglieder der Kommission betrifft, nichts daran geändert, daß diese von der Landesregierung nach dem Stimmenergebnis der letzten Landtagswahl nominiert werden; weniger stehen also die Fachleute, etwa Filmkritiker, im Vordergrund, als Beamte und den jeweiligen Parteien zuzurechnende Personen. t

Darin liegt aber nicht ein gewisses Versagen der GFPK in den zehn Jahren ihres Bestehens, denn diese Art von Nominierung war seinerzeit schon üblich und keineswegs, wie nach den neuen Vereinbarungen, nur mit drei Jahren befristet. Wenn wir willkürlich herausgreifen, daß in der dritten Dekade 1971 nur 15 Filme der Kommission zur Begutachtung Vorlagen, während es im gleichen Zeitraum des Vorjahres noch 24 Filme waren und im Jahre 1968 sogar 39, dann stellt sich doch die Frage, ob es keine Filme gibt, deren Einreichung zur Prädikatisierung sich lohnt, oder ob die Entscheidung der Kommission die Kosten der Einreichung nicht rechtfertigt.

Bundeseinheitliche Regelung

Nun hat sich ‘in Österreich wohl das eine oder andere Bundesland entschlossen, seine Gemeinden anzuwei sen, entsprechend der Qualifikation durch das Prädikat Steuerermäßigungen oder -Streichungen zu gewähren. Dies gilt nun für Wien, Steiermark, Kärnten, Salzburg, mit Einschränkungen für Tirol, nicht aber für die anderen Bundesländer. Man hat in Niederösterreich beispielsweise die Empfehlung herausgegeben, die Gemeinden mögen prädika- tisierten Filmen eine Steuerermäßigung gewähren; ähnliches geschah in Oberösterreich. Wo aber gibt es eine Gemeinde, die sich freiwillig einer Einnahme begibt, wenn ihr zu einem späteren Zeitpunkt womöglich vom Land vorgehalten wird, sie habe ihre eigenen Steuermöglichkeiten nicht voll ausgeschöpft und bekäme daher vom Landeskuchen etwas weniger? Sinnvoll kann die Arbeit einer — wenn auch auf freiwilliger Basis beruhenden — bundeseinheitlichen Prädikatisierungskommission nur sein, wenn die Auswirkungen ihres Spruches in erster oder zweiter Instanz auch für das gesamte Bundesgebiet zumindest annähernd gleich sind Wenn die beamteten Filmreferenten in jener Sitzung, in der die neuen Richtlinien beschlossen wurden, auch die Initiative anregten, aus dieser in einem Jahrzehnt bewährten Kommission bundeseinheitliche Richtlinien für den Jugendschutz — soweit es den Film betrifft

— zu erarbeiten und überhaupt eine gemeinsame Jugendbegutachitungs- kommission zu schaffen, so geht doch schon daraus hervor, daß selbst den Beamten ein Näherrücken oder noch besser, ein Zusammenfassen der Länderinteressen als richtig erscheint. An den Politikern hingegen liegt es, daß der Kinofilm in den einzelnen Ländern unseres Bundesstaates sowohl in seiner Zulässigkeit für Jugendliche einheitlich beurteilt wird, als auch der von einer Kommission ob seines künstlerischen Wertes hevorgehobene Film einen Anreiz erhält, überhaupt gespielt zu werden. Letzteres kann nur, wie einige Bundesländer schon bewiesen haben, über den Sektor der Sondersteuer geschehen und mancher Landespolitiker würde sich große Verdienste erwerben, würde er initiativ werden.

Es ist nur leider zu befürchten, daß die meistep dafür zuständigen Mandatare aller Parteien sehr wenig von der Materie wissen und aus den verschiedensten Gründen von Politbüro- kraten auch nicht ausreichend informiert werden. Dies aber wieder führt zu einem Desinteresse der Einreicher, die sogar prädikatisierungswürdige Filme nicht vorlegen, weil die zu erzielenden Vorteile in keinem Einklang zu den ihnen erwachsenden Kosten stehen.

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