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Kein irangas in den Röhren
Abi. Jänner 1981 sollte vertragsgemäß Erdgas in einer Liefermenge von dreizehn Milliarden Kubikmetern aus dem Iran im Tauschweg über die Sowjetunion nach Österreich und Westeuropa durchgesetzt werden. Durch die Lage im Iran haben sich diese Gaslieferungen in Luft aufgelöst. Wie kann diese Lücke geschlossen werden?
Abi. Jänner 1981 sollte vertragsgemäß Erdgas in einer Liefermenge von dreizehn Milliarden Kubikmetern aus dem Iran im Tauschweg über die Sowjetunion nach Österreich und Westeuropa durchgesetzt werden. Durch die Lage im Iran haben sich diese Gaslieferungen in Luft aufgelöst. Wie kann diese Lücke geschlossen werden?
Die Nichterfüllung dieses Vertrages durch den Iran ergab im Versorgungssystem für Westeuropa eine Lücke, die man alternativ zu schließen bemüht ist: durch Vertragsschlüsse mit der UdSSR, mit Algerien, mit Nigerien und mit Norwegen (Nordseegas).
Der Kauf von Nordseegas ist selbstverständlich eine reale Chance, aber erst ab der zweiten Hälfte der achtziger Jahre. Es spielen dabei insbesondere auch technologische Probleme mit, weil dieses Gas in großer Wassertiefe erbohrt und gefördert werden müßte. Die RUHRGAS hat mit Norwegen schon vorsorglich eine solche Zusammenarbeit vorbereitet, an der sich andere westeuropäische Partner beteiligen können.
Nigeria bietet insgesamt 16 Milliarden Kubikmeter Erdgas an, davon je acht Milliarden für die USA und für Westeuropa. Das in Nigeria verflüssigte Erdgas wird in Häfen des Mittelmeeres und des Atlantiks angelandet und für den Pipelinetransport in gasförmigen Zustand zurückversetzt.
Algeriens staatliche Energie-Manager haben seit einem halben Jahr er
kannt, daß nicht die Gasverflüssigung, sondern die Pipelinebeförderung gerade nach Italien - über Tunesien, Sizilien bis nach Norditalien - Gewinn bringt. Die algerische Gesellschaft SO- NATRACH aber muß jetzt einen Vorvertrag neu überdenken, der eine zweite Erdgasleitung am Grunde des Mittelmeeres vorsieht.
Die Sowjetunion hat aufgrund neuer Funde und einiger sonstiger Erwägungen ebenfalls Erdgas anzubieten. Zur Debatte stehen bekanntlich 40 Milliarden Kubikmeter für das westliche Mitteleuropa über 20 Jahre.
Es handelt sich dabei um Einzelverhandlungen der sowjetischen Gasbeauftragten in den westlichen Hauptstädten Mitteleuropas. Auch werden in diesen größten Geschäftsabschluß für Erdgas Gegenlieferungen aus dem Westen einbezogen: Röhren, Kompressoren, Aus- rüätungen für die Felder usw....
Die RUHRGAS z.B. hat einen Finanzierungsrahmen von 10 Milliarden D-Mark abgesteckt, auch Japan will sich dieses größte Geschäft mit der UdSSR nicht entgehen lassen. Man
überlegt für Westeuropa bereits den Transportweg.
An erster Stelle rangiert auch in diesem Falle als Gastransitland die CSSR, Ungarn ist ebenfalls im Gespräch. Auf Polen will man dagegen verzichten; wobei es nicht um politische Überlegungen geht, sondern u.a. um Grundstücksablösen.
Auch Österreich erwartet, daß die neuen Gasverhandlungen mit der UdSSR in der ersten Jahreshälfte 1981 abgeschlossen sein können und daß zusätzliches Sowjetgas in der Größenordnung von mehr als drei Milliarden Kubikmetern jährlich ab 1983/84 Gewerbe und Haushalte versorgt.
Unter dem Eindruck der neuen und neuesten Preisforderungen zeichnet sich allerdings ein Trend weg vom Erdgas und hin zum Erdöl bzw. Heizöl ab. Zum Unterschied von Rohöl gibt es bei Gas zwar keinen „Europapreis“, wohl aber deutet vieles auf eine zunehmende Verteuerung hin.
Es stellt sich die Frage: Welchen Beitrag kann die heimische Erdöl- und Erdgasindustrie leisten, um unsere Leistungsbilanz zu entlasten? Eine überschlagsmäßige Rechnung ergibt etwa, daß 1980 aus der Sicht des Verbrauchers die rund 2,5 Milliarden Kubikmeter Sowjetgas etwa fünf Milliarden Schilling kosten. Da die österreichische Gasförderung fast die Hälfte des heutigen Verbrauchs deckt, ist dieser Betrag daher beiläufig berechenbar.
Die eigene Erdölförderung deckt bekanntlich annähernd 15 Prozent des Bedarfs. Insgesamt aber werden durch die österreichische Montanindustrie zum Jahresbedarf an Primärenergieträgern etwa neun Prozent beigetragen. Natürlich darf man die eigenen Reserven an Kohlenwasserstoffen im heimischen Boden nicht bloß unter dem Gesichtspunkt der augenblicklichen Ergänzung des Bedarfs beurteilen. Es könnte buchstäblich über Nacht eine Verknappungssituation eintreten, in der das eigene Erdgas und das eigene Rohöl unschätzbar sind.
Österreich wird aber sehr viel investieren müssen, um die noch unbekannten oder ungehobenen Schätze an braunem und blauem „Gold“ zu fördern und zu nutzen. Eine zu wissenschaftlichen Zwecken versuchte Bohrung in Zi
stersdorf Übertief 1 („Ül“), hat mit 7544 m nicht bloß einen westeuropäischen Rekord erzielt. Man hat hier im Mesozoikum Gas gefunden - und offensichtlich nicht nur eine „Blase“.
So will man im Inland die Suche nach öl und vor allem Gas fortsetzen und schwerpunktmäßig übertiefe Bohrungen von mehr als 6.000 Meter Tiefe ansetzen.
Wie ÖMV-Generaldirektor Ludwig Bauer feststellte, deckt der heutige Gaspreis der ÖMV AG und der Rohölauf
suchungs-Gesellschaft mbH (RAG) diese Aufwendungen kostenmäßig bloß zu 70 Prozent. Der Inlandpreis beträgt mit rund einem Schilling genau die Hälfte des bis heute berechneten Import-Gaspreises von zwei Schillingen pro Kubikmeter. Man wird also eine Preisbereinigung durchführen müssen, sollen sich die eigenen Anstrengungen der Erdgassuche und -förderung kaufmännisch rentieren.
Im übrigen aber unterliegt auch Österreich einem europa- und weltweiten Entwicklungsprozeß in Bezug auf Beschaffung und künftige Preisgestaltung. Man wird die betriebswirtschaftlichen Kosten sowohl der eigenen ÖMV AG wie auch der integrierten Töchter
der „Multis“ als Berechnungsgrundlage gelten lassen müssen. Denn sonst läuft man Gefahr, eine heute noch gewinnbringende und unternehmerisch initiative Branche herunterzuwirtschaf- ten.
Insbesondere die Gaswirtschaft muß mit langjährigen Amortisationsfristen rechnen, sie ist auf ein „starres System“ der Leitungen bis in die Wohnung und an den Herd angewiesen. Ferner muß der Gasmarkt umstrukturiert werden, weil man auch Gas künftig
„nicht einfach in Kesseln verfeuern“ darf.
Schließlich muß man auch in Österreich z.B. die Eigenförderung von Erdgas auf die kommerziell förderbaren . Mengen jeweils eines Vorkommens be- \ ziehen, um den Kostenpunkt zu ermessen. Veranschlagt man in Österreich das größtmögliche Volumen eines Gasfeldes mit 20 Milliarden Kubikmetern, so ist in Sibirien ein solches Vorkom- . men um das Hundertfache größer, aber mit fast dem gleichen technisch-finanziellen Aufwand zu nutzen. Daher kann dann die UdSSR auch 4.000 Kilometer Erdgasleitungen bauen und trotzdem billiger sein als die österreichischen Gasproduzenten.
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