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Kein Linzer Glücksbringer

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Nach einer trügerischen Sommerruhe gehen jetzt in der oberösterreichischen SP die vor den Landtagswahlen im vergangenen Oktober plötzlich ausgebrochenen Personal- diskussiwien um die Parteispitzen wieder weiter. Genüßlich werden fast täglich bei den politisch Interessierten neueste Meldungen von der roten Intrigenfront herumgereicht. Vor wenigen Tagen bekam das personelle Hick-Hack sogar einen peinlichen Anstrich: der SP- Landesparteisekretär und 2. Landtagspräsident Leo Habringer wurde mit einer Korruptionsalfäre ln Zusammenhang gebracht.

Der eine Partei wohl am schwersten treffende Schlag, der Vorwurf von Geldmanipulationen, ist der vorläufig letzte Höhepunkt in der negativen „Öffentlichkeitsarbeit“ der oberösterreichischen SP.

Dem seit dem Vorjahr im Schußfeld parteiinterner Kritik stehenden sozialistischen Landesparteivorsitzenden und Linzer Bürgermeister Hillinger ist es seit der Wahlniederlage im Herbst 1973 nicht gelungen, die Partei zu konsolidieren. Hillinger ist nach wie vor mit der Stützung seiner eigenen Position voll beschäftigt. Der seinerzeitige Spitzenkandidat für die Landtagwahl, Landeshauptmann-Stellvertreter Fridl, der nach einem Sieg über SP-Lan- desrat Hartl zur Galionsflgur für die Sozialisten im Land wurde, ist seit der Wahlschlappe auch nicht gerade als Glücksbringer geschätzt.

Das gab besonders Hartl Auftrieb, der sein Unterliegen bei der Kandidatenauswahl gegenüber Fridl nicht verschmerzt haben dürfte und sich außerdem, wie man nicht nur in SP- Kreisen weiß, auch an Hillinger reibt. Auffallend wenig trat bei den verschiedenen Kombinationen um eine Neuformierung der oberösterreichischen SP-Führung Landesparteisekretär Habringer in Erscheinung. Um so mehr wirkte daher jetzt seine Nennung in den Korruptionsberichten wie eine Bombenexplosion.

Bemerkenswert für den Beobachter ist dabei vor allem, daß die unabhängigen „Oö. Nachrichten“, zu denen man Landesrat Hartl einen besonders guten Draht nachsagt, als erste und sehr detailliert über die Geldaffäre berichteten.

Ausgeieichnet informiert zeigte sich diese Zeitung auch im Hinblick auf ein mögliches Hinausloben Fridls aus seiner politischen Tätigkeit: in der SP hätte man Fridl an die OKA, das Stromversorgungsun- temehmen des Landes, „anbringen“ können, für das die Sozialisten einen Parteigänger zur Besetzung des frei- werdenden Postens eines Generaldirektor-Stellvertreters suchen. Fridl reagierte diesmal schnell und dementierte in einer überraschend einberufenen Pressekonferenz seinen Wechsel ins verpolitisierte Wirtschaftsmanagement. Er schlug damit auch das attraktive Monatssalär von mehr als 70.000 Schilling aus. Nach dem entschiedenen „Nein“ Fridls verlautete, daß eigentlich Habringer für den hochdotierten OKA-Job auch in Frage komme.

Bevor aber diese Möglichkeit wieder in aller Öffentlichkeit breit aus gewalat wurde, zündete der Obmann der Kontrollkommission der ober- österreichischen SP die Bombe: Der frühpensianierte Jurist, Baumgartner, ehemaliger Filialdirektor der Länderbank in Linz, zog aus seinem Prüfungsbericht über die Gebarung des SP-Gemeindevertreterverban- des und der Werbering GmbH, deren Hauptgesellschafter der (sozialistische) Linzer Gutenberg-Verlag ist, Vergleiche mit dem „Fall Wienand“ in der BRD. Kontrollor Baumgartner, der nicht niir einmal versucht haben soll, seinen aufschlußreichen Bericht in den Parteigremien vorzulegen, aber keine Gnade bei den Tagesordnungsaufstellem fand, schockte nun mit Behauptungen über Steuerhinterziehung und persönliche Bereicherung. In beiden Institutionen, um die es geht, war im Prüfungszeitraum Landesiparteisekretär Habringer für die Geschäftsführung verantwortlich. \

Wie immer die Erhebungen, möglicherweise unter staatsanwalt- schaftlicher Beteiligung, ausgehen: Es ist zu erwarten, daß die ober- österreichische SP endlich die Kraft zur Selbstreinigung findet, die sie wieder zu einem angesehenen demokratischen Partner ln der Landespolitik macht. Geschieht dies nicht, dann wird sich diese Partei nur schwer von dem Vorwurf reinwaschen können, ausschließlich aus eigener Schuld Vertrauen zu verspielen. Der Schaden, der damit angerichtet würde, träfe zwar voll die SP,, aber nicht nur sie allein, sondern das Parteileben schlechthin.

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