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Kein Nachfolger für Peter - außer Peter

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In diesem und im nächsten Jahr, erst recht-aber im Wahljahr 1979 werden - freiwillig und unfreiwillig - maßgebende „Aktivelemente” der FPÖ aus dem Nationalrat scheiden: Gustav Zeillinger wird Volksanwalt, Georg Hanreich dürfte über einen Konkurs stolpern; der in der FPÖ ohnedies nur noch geduldete Kärntner Primarius Otto Šerinei wird aus der aktiven Politik scheiden, der Steirer Otmar Meissl wohl laut Wunsch seiner Parteifreunde scheiden müssen; demWiener Adalbert Schmidt machten seine jungen Parteifreunde schon vor der Kandidatenaufstellung im Jahre 1975 die Hölle heiß; sobald Norbert Steger zum Wiener Landesparteiobmann gewählt ist, steht auch Tassilo Brösigke, Friedrich Peters getreuer Eckehard, zum Abschuß frei, Werner Melter hat sich nach einigen Eskapaden am Wiener Boulevard die Sympathien seiner Vorarlberger Parteifreunde gründlich verdorben.

Unter der aus FPÖ-Sicht optimistischen Annahme, daß bei der nächsten Nationalratswahl kein Mandat verlorengeht, blieben dann von der alten Parlamentsgarde nur noch drei Abgeordnete erhalten: der Tiroler Gerulf Stix, der Oberösterreicher Josseck und - natürlich! - Friedrich Peter. Die anderen sieben hätte der politische und der biologische Wind verweht.

Nur für einen davon will der in seiner Partei nun wieder eher unumstrittene Friedrich Peter bis zum letzten Einsatz kämpfen: Für den Wiener Rechtsanwalt Tassilo Brösigke, jenen Mann, der für Friedrich Peter noch eintrat, als ihn weit mehr als ein Viertel der Parteitagsdelegierten (wie beim Villacher FP-Parteitag im vergangenen Jahr) fallen zu lassen bereit waren.

An diesem Villacher Parteitag erhielt Peter nur noch die Zustimmung von rund 75 Prozent seiner Funktionärsfreunde; er ist demnach seit 1976 auch offiziell jener Parteiobmann, an dem auch die eigenen Parteifreunde den geringsten Gefallen finden. Friedrich Peter hatte damals, sicherlich auch unter dem Eindruck dieses Ergebnisses erklärt, er werde seine Funktion zur Verfügung stellen, sobald sich die Partei auf einen neuen Parteiobmann festgelegt hätte. Den FPÖ-,, Jungtürken” warf er vor, daß es ihnen nicht gelänge, personelle Alternativvorschläge zu entwickeln und .durchzusetzen; sie seien eben zu nichts anderem als Kritik fähig.

Hinter diesem Vorwurf des Friedrich Peter verbirgt sich das Eingeständnis großer Schuld: Jener Parteiobmann, der nun seit bald 20 Jahren mit mehr Pathos in der Stimme als ausgefeilten Konzepten um die „Aktivelemente” in der österreichischen Wählerschaft wirbt, muß feststellen, daß solche „Aktivelemente” selbst unter den eigenen „ Jungfeiheit- lichen” sehr dünn gesät sind.

Friedrich Peter übernahm in Villach nach eigenen Worten die „Ausfallshaftung” für die Jungtürken. Aus dieser Haftungsübernahme ist in der Zwischenzeit eine „Nachlaßverwaltung” geworden. Friedrich Peter taktiert mit so großem Geschick, daß es nur eine Frage des Zeitpunkts ist, bis er von seiner Partei zum Erben seiner eigenen Hinterlassenschaft bestimmt wird.

In seinem sonntäglichen T\(-Ge- präch mit Journalisten erklärte Peter, er werde nach den Grazer Gemeinderatswahlen im März 1978 die Nach- folge-Peter-Diskussion offiziell eröffnen. Wie immer die Grazer Gemeinderatswahlen ausgehen, sein schärfster Konkurrent, Alexander Götz, ist dann auf jeden Fall aus dem Rennen. Gewinnt Götz in Graz, bleibt er Bürgermeister; verliert er, so kommt er für die höchste FPÖ-Funktion wohl nicht in Frage, es sei denn, er und seine

Partei wollten sich dem Vorwurf aussetzen, daß ein FP-Fünktionär, der zu schlecht für Graz befunden wurde, noch immer gut genug für die Bundesspitze ist.

Also bleiben noch im Rennen um die Peter-Nachfolge: Gerulf Stix, Ferrari-Brunnenfeld, Horst Sehender, die FP-Obleute von Tirol, Kärnten und Oberösterreich. Von diesen drei Funktionären kommt nur Gerulf Stix für eine Übersiedlung nach Wien in Frage. Sehender will und wird in Linz bleiben, schon deshalb, weil zum Zeitpunkt der Nachfolge-Peter-Diskus- sion bereits die Vorarbeiten für die oberösterreichischen Landtagswahlen begonnen haben. Ferrari-Brun- nenfeld weiß nicht einmal alle Kärntner Parteifreunde in seinem Lager, und Gerulf Stix ist angesichts der Bedeutungslosigkeit der Tiroler FPÖ machtlos, im eigenen Lager überdies auch sehr umstritten. Man wirft ihm Farblosigkeit vor, obwohl Stix ganz bestimmt intellektuelle Fähigkeiten und auch taktisches Gespür in die Politik einzubringen hat. Doch so wie er im taktischen Kampf Friedrich Peter klar unterlegen ist, so würde er auch in einem direkten Konkurrenzkampf auf einem Parteitag der FPÖ gegen Friedrich Peter verlieren.

Schon deshalb wird der kluge Stix seine Ambitionen zurückstellen, ohne sie deshalb auch aufzugeben. In der FPÖ warten viele aus sehr unterschiedlichen Gründen auf Friedrich Peters Abschied von der Parteispitze. Dieser Abschied zeichnet sich für das Jahr 1978 nicht ab, wohl aber zeichnet sich für 1979 eine Neuauflage der Nationalratswahlkämpfe 1959,1962,1966, 1970,1971 und 1975 ab: Friedrich Peter als Spitzenkandidat und Führer einer Partei, die mit diesem Obmann seit 1958 eine Niederlage nach der anderen einstecken muß.

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