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Kein Plate für Störche

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Laut der Statistik der Vereinten Nationen über die Zahl der Nationalparks auf der ganzen Welt hat Österreich einen Nationalpark. Hierbei handelt es sich um einen Druckfehler.

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Laut der Statistik der Vereinten Nationen über die Zahl der Nationalparks auf der ganzen Welt hat Österreich einen Nationalpark. Hierbei handelt es sich um einen Druckfehler.

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Am 30. Juni dieses Jahres ist der auf 20 Jahre abgeschlossene Pachtvertrag des World Wüdlife Fund (WWF) über die Lange Lak-ke mit den Bauern der Urbarialgemeinde Apetlon abgelaufen. „Nationalpark”, so könnte eine der Lösungen für das Gebiet, das aus einer etwa 1.000 Hektar großen Kernzone, einem Vollnaturschutzgebiet und aus dem Grundbesitz von zirka 300 Bauern mit 440 Hektar, einem Teilnaturschutzgebiet, besteht, heißen.

Bei den gepachteten Grundstücken handelt es sich um die Hutweiden, eine bereits vor 1.000 Jahren durch Rodung und Viehzucht entstandene Kulturlandschaft, das letzte Stück Pußta in Österreich. Die Besitzer der Hutweiden wollen nur unter drei Bedingungen neuerlich Verhandlungen mit der Burgenländischen Landesregierung aufnehmen:

Erstens müssen Ersatzgrundstücke zur Verfügung gestellt, dann das Verbot für die Fischzucht und drittens das für die Wildentenjagd aufgehoben werden.

Derzeit bemüht sich der burgen-ländische Umweltschutz-Landesrat, Johann Karall, bei einem der größten Grundbesitzer rund um den Neusiedlersee, Paul Esterhazy, um Ersatzgrundstücke. Fixe Zusagen diesbezüglich hat er jedoch noch keine. Unmittelbare Gefahr für das Teilnaturschutzgebiet, in dem nur die Viehzucht erlaubt ist, besteht nicht, weil eine intensive Nutzung durch Landwirtschaft gesetzeswidrig wäre.

Das eigentliche Problem ist darin zu sehen, daß die Kompetenz in Naturschutzangelegenheiten beim jeweiligen Land liegt, daher ist auch die Verwirklichung eines

Nationalparks nahezu unmöglich, weil gerade den Ländern mit besonders schützenswerten Landschaften die nötigen finanziellen Mittel fehlen.

Ein bereits 1980 vorgelegter Entwurf für ein Bundesverfassungsgesetz über die Errichtung und Organisation von Nationalparks wurde von den Ländern abgelehnt. Die Uneinigkeit über den Begriff „Nationalpark” trägt auch die Schuld am Nichtzustande-kommen des Nationalparks Hohe Tauern.

Seit nun schon 70 Jahren besteht die Idee, und seit 14 Jahren existiert eine Absichtserklärung der Bundesländer Tirol, Kärnten und Salzburg für den Tauern-Natio-nalpark, ohne daß es bis jetzt zu konkreten Ergebnissen gekommen ist. Kärnten hat zwar ein Nationalparkgesetz für die Glockner- und Schobergruppe erlassen, gleichzeitig spricht man aber von einer wirtschaftlichen Nutzung moderner Art.

Für die Natur fehlt Geld

Nach der internationalen Definition des Nationalparks steht aber eindeutig der Schutz des Gebietes im Vordergrund, und die Nutzung darf nur ohne Landschaftsveränderungen und sehr beschränkt erfolgen. Die Tiroler hingegen wollen in dieses Nationalprojekt sogar das Wasserkraftwerk im Umbaltal und eine Gletscherschiregion miteinbeziehen.

Auch beim burgenländischen Umweltschutzreferenten Johann Karall stößt der Nationalpark Neusiedlersee-Seewinkel auf wenig Gegenliebe, weil ohnehin 25 Prozent des Landes Burgenland unter Naturschutz stehen und eine ausreichende Kontrolle nicht möglich wäre.

Die Lange Lacke ist ebenso wie die Hohen Tauern nur eines von vielen Beispielen, wie kommerzielle Interessen und die des Naturschutzes aufeinanderprallen. Einen Nationalpark Donau-March-Thaya-Auen gibt es wegen des geplanten Kraftwerks bei Hainburg bis heute gleichfalls nicht.

Im Fall der Langen Lacke ist es verständlich, daß die Apetloner Bauern eine entsprechende Entschädigung für ihr Land fordern. Umgekehrt läßt sich eine Fischzucht aber schlecht mit Naturschutzinteressen vereinbaren. Österreich hat sich immerhin in internationalen Abkommen zum Schutz bestimmter Natur- und Kulturlandschaften bereit erklärt.

Je länger man aber bei rigorosen Umweltschutzmaßnahmen zögert, umso weniger schützenswerte Gebiete werden wir haben. Wenn einmal Störche und Wildgänse ausbleiben, ist es fraglich, ob das die Touristen nicht auch tun werden.

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