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Kein Wort

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Nein, ich werde nicht wieder im Gewissen der Etablierten herumstochern, und ich werde jede Randbemerkung zur „Kronzeugin” unterlassen. Ich werde meinem Freund Erich Feigl nicht öffentlich die Hand drücken, und ich werde auch dem ORF für die zweite Wiederholung dieser einzigartigen Dokumentation nicht danken, denn das haben bereits zahlreiche andere Unpersonen getan.

Kein Wort mehr davon. . Ein Wort jedoch zum „Club 2”. Die Auswahl aus dem gigantischen Lebenswerk des Karl Kraus erfolgt fast immer durch Menschen, die „mitzuhassen da sind” und die daher übersehen, daß Karl Kraus ein großer Liebender war, der die Heiligsprechung der deutschen Sprache betrieb. Daß dieser Prozeß gerade in Österreich stattfand, ist durchaus legitim. Für die neun österreichischen Stämme war die aus Prag importierte Hochsprache eine exotische Kostbarkeit, die es pfleglich zu behandeln galt, und deren spielerischer, lustbetonter Kult sich bei Weinheber bis zur Anbetung steigerte.

Wenn es auch wahrscheinlich nicht zutrifft, daß der Erste Weltkrieg, wie Karl Kraus behauptet hat, eines falsch gesetzten Beistrichs wegen ausgebrochen ist, so läßt doch das Vordringen falsch übersetzter Ame-rikanismen und sinnloser Fülloder Schnodderwörter einerseits, die Übernahme östlicher Desinform-Phraseji anderseits die dem Wörterbuch des Teufels entnommen sind, für die Zukunft Schlimmstes befürchten.

Als Karl Kraus dartun mußte, „Warum die Fackel nicht erscheint”, war das allmähliche Ansteigen der sprachlichen Schlammflut vorerst nur für ihn, den Propheten, wahrnehmbar. Er resignierte und schrieb seufzend: „Kein Wort, das traf...”

Dann aber, als ihm „zu Adolf Hitler nichts einfiel”, korrigierte er diese Verszeile. Sie hatte fortan zu lauten:

„Kein Wort? Das traf!”

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