6973585-1985_39_09.jpg
Digital In Arbeit

Keine Alternative

Werbung
Werbung
Werbung

Mit der Schlagzeile „Der Staat und die Banken nehmen jetzt gemeinsam alle Sparer aus!“ kommentierte anfangs dieser Woche ein Boulevardblatt die bevorstehende Senkung der Sparzinsen von vier auf 3,75 Prozent. Und selbstverständlich ließ sich auch Herbert Kohlmaier die Gelegenheit nicht entgehen, öffentlichkeitswirksam den Anwalt der „kleinen“ Sparer zu spielen.

Dieses Theater, bei dem ein nichtinformierter Ausländer annehmen könnte, in Österreich stehe die Enteignung aller Sparer unmittelbar bevor, ist angesichts der Dimension — es geht um einen Viertel-Prozentpunkt beim Zinssatz! — genauso unsinnig wie die — lehrbuchgerechte — Annahme, bei dem Zinssatz für täglich fällige Sparguthaben (dem sogenannten ,J£ckzinssatz“) handle es sich um einen Preis wie jeden anderen.

Das Aufheulen wäre zu Zeiten einer Inflationsrate knapp unter zehn Prozent weit eher berechtigt gewesen, man darf sich da von den absoluten Zahlen nicht täuschen lassen: 1974 beispielsweise betrug der Eckzinssatz zwar fünf Prozent, die Sparer verloren damals aber trotzdem 4ß Prozent ihrer Einlage, weil die Inflationsrate im Durchschnitt des Jahres 1974 9JS Prozent betrug. Heuer werden sich die Sparer hingegen auch nach der Senkung des Zinsniveaus (und trotz Zinsertragssteuer) einer Vermehrung ihrer Einlagen (.Jiealverzinsung“) erfreuen können.

Daß der Preis fürs Geld (also die Zinsen) nicht so nüchtern und sachlich gesehen wird wie andere Preise (und wie sich's die Banken wünschen), haben sich die Banken u. a. auch selbst zuzuschreiben. Man kann nicht selbst mehrmals zwischen einer Preisbildung nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage und kartellartigen Preisabsprachen hin und her schwanken und gleichzeitig vom Kunden erwarten, daß er immer dann, wenn's sein Schaden ist, marktwirtschaftliche Spielregeln widerspruchslos akzeptiert.

Gewiß: Der nach der Liberalisierung des Kreditwesengesetzes einsetzende Wettbewerb unter den Kreditinstituten war ruinös und eine Abkühlungsphase mit einer einigermaßen geregelten Zinsspanne (Zinsen für Kredite minus Zinsen für Einlagen) im Interesse der Volkswirtschaft dringend geboten. Nur: den ruinösen Wettbewerb haben nicht die Sparer ausgelöst, die jetzt zum Handkuß kommen, und auf Dauer kann die Alternative zum Vernichtungswettbewerb wohl nicht Konditionenkartell heißen. Da wird man sich in den Vorstandsetagen der Kreditinstitute bald etwas einfallen lassen müssen...

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung