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Digital In Arbeit

Keine Angst vor neuer Technik

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Der Einsatz moderner Arbeitsmittel auf Basis der Mikroelektronik im Büro, in der Verwaltung, im industriellen Dienstleistungsbereich sowie im Bereich der Produktanwendung und der Modernisierung der Produktionsanlagen trägt zu einer größeren Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter bei. Der Mikroelektronikeinsatz erfordert allerdings ein höheres Qualifikationsniveau und führt zu einer deutlichen Vermehrung der Arbeitsinhalte. Dies betont der stellvertretende Abteilungsleiter für Sozialpolitik und Initiator einer weiteren Mikroelektronik-Studie der Industriellenvereinigung, Dr. Wolfgang Tritremmel.

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Der Einsatz moderner Arbeitsmittel auf Basis der Mikroelektronik im Büro, in der Verwaltung, im industriellen Dienstleistungsbereich sowie im Bereich der Produktanwendung und der Modernisierung der Produktionsanlagen trägt zu einer größeren Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter bei. Der Mikroelektronikeinsatz erfordert allerdings ein höheres Qualifikationsniveau und führt zu einer deutlichen Vermehrung der Arbeitsinhalte. Dies betont der stellvertretende Abteilungsleiter für Sozialpolitik und Initiator einer weiteren Mikroelektronik-Studie der Industriellenvereinigung, Dr. Wolfgang Tritremmel.

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An der jüngsten Studie der Vereinigung österreichischer Industrieller beteiligten sich nicht weniger als 538 österreichische Unternehmen mit rund 400.000 Beschäftigten. Die antwortenden Unternehmen rechnen bis 1992 - trotz starker Zunahme der technischen Anwendungsmöglichkeiten, die die Mikroelektronik eröffnet -nur mit geringen personellen Rationalisierungseffekten. Damit ist das Argument vom „Jobkiller Mikroelektronik“ wohl endgültig vom Tisch.

Die Analyse zeige noch deutlicher als die erste einschlägige Untersuchung aus dem Jahre 1984, daß die Auswirkungen neuer Techniken für die Unternehmen und deren Mitarbeiter sowohl arbeitsinhaltlich als auch wettbewerbspolitisch positiv zu sehen seien, sagt Dr. Tritremmel. Die umfas-sende-empirische Studie über die Erfahrungen aus der Praxis widerlege die Thesen von den sogenannten menschenleeren Büros und der vermeintlich zunehmenden Sinnentleerung der Arbeit.

Der Verfasser der Studie weist vor allem auf die positive Einstellung zur Mikroelektronik bei jenen österreichischen Arbeitern und Angestellten hin, die in der Arbeitswelt selbst damit in Kontakt kommen. Nach den vorliegenden Angaben der Unternehmensleitungen ist die Arbeitszufriedenheit bei den Mitarbeitern in 64 Prozent der antwortenden Betriebe gestiegen.

Für die überwiegende Mehrheit der Mitarbeiter in den an der Untersuchung beteiligten Unternehmen (60 Prozent) sind die mit dem technischen Wandel verbundenen Umstellungen nur ein kleines, für fast ein Drittel (29 Prozent) überhaupt kein Problem. Nicht weniger als drei Viertel der Unternehmen bestätigen, daß mit den modernen Arbeitsmitteln bzw. Arbeitstechniken mehr Arbeitsinhalte je Arbeitsplatz verbunden sind. „Die Behauptung, daß als Folge des verstärkten Einsatzes der Infor-mations- und Kommunikationstechnik die zwischenmenschlichen Beziehungen oder die sozialen Kontakte im Unternehmen verarmen, hat nach der vorliegenden Untersuchung keine praktische Grundlage mehr“, unterstreicht Tritremmel. Rund 75 Prozent der antwortenden Unternehmen stellen in diesem Problembereich keine Veränderungen zum bisherigen Zustand fest. 15 Prozent der Unternehmen konstatieren sogar eine Zunahme der sozialen Kontakte.

Dazu kommt auch eine Veränderung des Führungsstils. Mehr als 60 Prozent jener Unternehmen, die sich an dieser jüngsten Studie der Industriellenvereinigung aktiv beteiligten, stellen Änderungen im Führungsstil, und zwar in Richtung mehr Kooperation, Teamarbeit und weniger Kontrollmechanismen fest.

Obwohl es in Österreich in den vergangenen Jahren einen erfreulich vitalen Technisierungsschub gegeben hat, haben sich die personellen Auswirkungen in den Büro-, Verwal-tungs- und Dienstleistungsbereichen nicht verändert. Entgegen immer wieder geäußerten Befürchtungen von massiven Arbeitskräfteeinsparungen zeigt sich, daß sich in 61 Prozent der Unternehmen, die sich der modernen Techniken auf mikroelektronischer Basis bedienen, kein Abbau der Mitarbeiterzahl ergeben hat.

Einsparungen auf der Beschäftigtenseite werden von nicht ganz einem Drittel der Unternehmen gemeldet, wobei davon mehr als die Hälfte der eingesparten Arbeitskräfte erfreulicherweise wieder an anderen Arbeitsplätzen im Unternehmen eingesetzt werden kann.

Tritremmel: „Obwohl praktisch alle antwortenden Unternehmen (94 Prozent) bis zum Jahre 1992 mit weiteren Zunahmen des Technikeinsatzes rechnen, erwarten sich 90 Prozent in den nächsten fünf Jahren keine oder nur geringe personelle Rationalisierungseffekte.“

Mit dem Einsatz moderner Maschinen und Geräte ist eine Steigerung der Unternehmensflexibilität in den Büro-, Verwaltungs- und Dienstleistungsbereichen nach Ansicht von nicht weniger als 86 Prozent der beteiligten Unternehmen verbunden. Der Technikeinsatz führt unter anderem zu einer deutlichen Verstärkung der Dezentralisierungsbestrebungen sowie der Delegierung von Aufgaben und Verantwortung und hat bei praktisch allen Unternehmen Veränderungen der Organisations- und Arbeitsstruktur nach sich gezogen (92 Prozent).

Die betriebliche Sozialpartnerschaft bewährt sich auch beim Einsatz der Mikroelektronik: Bei rund einem Viertel der Unternehmen haben die Betriebsräte Mitwirkungswünsche in Fragen des Einsatzes neuer Techniken geäußert. Interessantes Detail am Rande: Die Mitwirkung ist umso intensiver, je größer die Unternehmen sind.

In der Unternehmensgrößenkategorie von 1.000 bis 2.500 Mitarbeitern hat der Betriebsrat in 70 Prozent der Fälle Mitwirkungswünsche geäußert, bei Betrieben mit mehr als 2.000 Mitarbeitern sind es sogar 93 Prozent, bei denen die Belegschaftsvertretung aktiv an der Einführung der neuen Techniken beteiligt war. In knapp mehr als der Hälfte jener Unternehmen, in denen Betriebsräte Mitwirkungswünsche deponiert haben, führte diese Tatsache schließlich zu konkreten Vereinbarungen über die neuen Techniken am Arbeitsplatz.

Mit dem technischen Wandel in der Arbeitswelt seien zunehmend höhere Qualifikationen verbunden, betont der Autor der Studie. Dies gelte für männliche und weibliche Mitarbeiter im gleichen Ausmaß. Während im Regelfall die Vermittlung der erforderlichen Qualifikationen am Arbeitsplatz erfolgt, werden bereits in fast der Hälfte (48-Prozent) der Unternehmen Mitarbeiter zu Spezialausbildungen in Lieferunternehmen der Maschinen und Systeme entsandt.

Es kommt somit zu einem berufsbegleitenden Qualifikationsschub in Österreich.

Ein Zehntel der Unternehmen erlangt die benötigte Qualifikation durch Neueinstellung von Mitarbeitern mit einschlägigen Spezialkenntnissen. Der Bedeutung der Qualifikation im technischen Strukturwandel wird zunehmend in der österreichischen Industrie Rechnung getragen: Bei 57 Prozent der befragten Unternehmen sind Maßnahmen der beruflichen Qualifikation bereits ein integrierender Bestandteil der Investitionsplanung zum Einsatz von Mikroelektronik. Ein Großteil der Antwortenden stellt auch neue Anforderungen an Kenntnisse und Erfahrungen der neuen Mitarbeiter.

Entscheidend sind die Auswirkungen des Einsatzes der Mikroelektronik naturgemäß auf die einzelwirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit. Im Vergleich zu 1984 beurteilen die Unternehmen den Beitrag der Technik zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit noch positiver. Waren dies bei der ersten Studie 35,8 Prozent, so hat sich dieser Anteil nunmehr auf 46 Prozent erhöht. Damit verbunden wirkt sich der Einfluß der Technikanwendungen auch auf die langfristige Arbeitsplatzsicherheit positiv aus.

„Die Erfahrung zeigt, daß der rechtzeitige Einsatz der Mikroelektronik nicht nur die einzelwirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit stärkt, sondern nachhaltige Auswirkungen auf die Sicherheit des einzelnen Arbeitsplatzes besitzt.“ (Dr. Tritremmel) Der Großteil der Unternehmen rechnet bei technischen Investitionen in den genannten Bereichen mit einem Amortisationszeitraum von drei bis fünf Jahren.

Durchaus zufrieden sind die Anwender neuer Techniken mit dem Leistungsangebot der Lieferanten bzw. der Anbieter von Maschinen im Bereich der Hardware und von Offerten im Bereich der Software. Dazu kommen auch noch Erfordernisse auf dem Gebiet der Schulung der Mitarbeiter und der ergonomischen Arbeitsgestaltung. Deutlich geringer sei aber der Zufriedenheitsgrad bei den Hilfestellungen der Anbieter bei Schnittstellenproblemen und irvFra-gen der Organisationsveränderungen, unterstreicht Tritremmel: „Diese Beurteilung könnte für Anbieter als ein Signal für künftige Wettbewerbsvorteile durch entsprechendes Angebot von Problemlösungen gewertet werden.“

Die Vereinigung österreichischer Industrieller sieht in der durchgeführten Untersuchung einen Beitrag zur besseren Orientierung der einzelnen Unternehmen bei der Weiterentwicklung ihrer technischen Möglichkeiten. Darüber hinaus soll das Kompendium an Daten und Fakten, wie es sich jetzt nach dieser umfassenden empirischen Untersuchung präsentiert, zur Versachlichung der Diskussion über die ökonomischen und sozialen Effekte der technischen Evolution auf der Basis der Mikroelektronik führen.

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