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Digital In Arbeit

KEINE ARBEITSPLATZ-ANGST

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FURCHE: Welche Erwartungen haben Sie an den EG-Beitritt aus der Sicht von Frauen?

HELGA ANNA KOCH: Aufgrund der Erfahrungswerte anderer EG-Mitgliedsländer gehen wir davon aus, daß sich durch den Beitritt sozialrechtlich für die Frauen in Österreich nichts ändern wird. Nur wenige Bereiche innerhalb der EG sind vereinheitlicht, dazu gehören die Richtlinien zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen (siehe Seite 11), die es ja auch in Österreich gibt. In der EG existiert auch eine ähnliche Institution wie die österreichische Gleich-behandlungskommission.

Eine andere Frage ist, wie sich der EG-Bditritt auf den Arbeitsmarkt auswirken wird. Hier deckt sich die Position der Bundeswirtschaftskammer mit der von Gewerkschaft und Arbeiterkammer, daß es zu keinen Wanderbewegungen aus der EG nach Österreich kommen wird, vor allem nicht in Bereiche, in denen Frauen in erster Linie tätig sind. In den letzten zehn Jahren hat sich die Berufstätigkeit der Frauen in Österreich stark verändert, in Richtung besserer Qualifikation, besserer Arbeitsplätze. Arbeitskräfte geringerer Qualifikation in bestimmten Branchen, ewa der Textilindustrie, sind meist durch die Familie an den Ort gebunden, sind weniger flexibel. Aufgrund der Erfahrungen aus anderen EG-Staaten brauchen aber auch diese Frauen nicht um ihre Arbeitsplätze fürchten, denn auch weibliche Billiglohnkräfte aus Süditalien oder Portugal sind ja an den Ort gebunden. Die Entwicklung ging eher so vor sich, daß sich in Spanien oder Portugal beispielsweise deutsche Unternehmen - mit Unterstützung der EG - angesiedelt haben.

FURCHE. Das kann aber auch die österreichische Textilarbeiterin ihren Arbeitsplatz kosten!

KOCH: Diese Entwicklung geschieht auch völlig unabhängig vom EG-Beitritt, einfach aus Kostengründen.

FURCHE: Was bringt der EG-Beitritt also der österreichischen A rbeitnehmerin ?

KOCH: Wenn sie einen höheren Ausbildungsstand hat, Zusatzausbildungen absolvieren, mutig und aktiv sein will, kann sie besser als bisher ihre beruflichen Chancen in den EG-und EWR-Ländern wahrnehmen, sie kann dort wie eine Inländerin arbeiten.

FURCHE: Das gilt im besonderen für Arbeitnehmerinnen im grenznahen Raum?

KOCH: Die täglichen Wanderbewegungen werden sich in beiden Richtungen verstärken.

FURCHE: Wird die EG sich auf die MöglichkeitzurTeilzeitbeschäftigung auswirken?

KOCH: Das sind Regelungen innerhalb Österreichs, sie sind vom EG-Beitritt nicht betroffen. Es ist auch zu bedenken, daß wir als EG-Mitgliedsland künftige Regelungen werden mitbeeinflussen können.

FURCHE: Trotz unserer nur sieben Millionen Einwohner gegenüber 370 Millionen?

KOCH: Es wird notwendig sein, in bestimmten Fragen geschicktes Lob-bying zu betreiben.

FURCHE: Wie sieht es aus mit dem Nachtarbeitsverbot, den Mutterschutzregelungen ?

KOCH: Der Mutterschutz wird ebenfalls nicht EG-einheiüich geregelt. Das mittlerweile von vielen Frauen als diskriminierend empfundene Nachtarbeitsverbot ist innerhalb der EG durch die Gleichbehandlungs-richtlinien aufgehoben, Österreich wird das mit 1. Jänner 1994 übernehmen müssen.

FURCHE: Sie blicken der EG-Zukunft also optimistisch entgegen?

KOCH: Ich sehe den EWR- und EG-Beitritt als große Chance für uns Frauen, bessere berufliche Qualifizierung und Aufstiegschancen zu erreichen.

Das Gespräch mit der Generalsekretär-Stellvertreterin der Bundeswirtschaftskammer führte Leonore Rambosek.

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