6816832-1973_14_04.jpg
Digital In Arbeit

Keine Blumentöpfe

19451960198020002020

Der „Ortstafelkrieg“ hat seinen eigenen Preis! Der SPÖ hat dieser Krieg zweifellos viel gekostet, der ÖVP brachte er einiges, der FPÖ sogar sehr viel; auch die Minderheit der Kärntner Slowenen ging nicht leer dabei aus. Auffällig ist, daß dieser „Ortstafelkrieg“ seinen effizienten Negativ-Niederschlag nicht im gemischtsprachigen Gebiet fand, sondern vornehmlich außerhalb desselben. Denn im gemischtsprachigen Gebiet, so läßt sich etwas summarisch folgern, verlor die SPÖ nur bescheiden und erlitt die FPÖ gemeindeweise sogar echte Schlappen.

19451960198020002020

Der „Ortstafelkrieg“ hat seinen eigenen Preis! Der SPÖ hat dieser Krieg zweifellos viel gekostet, der ÖVP brachte er einiges, der FPÖ sogar sehr viel; auch die Minderheit der Kärntner Slowenen ging nicht leer dabei aus. Auffällig ist, daß dieser „Ortstafelkrieg“ seinen effizienten Negativ-Niederschlag nicht im gemischtsprachigen Gebiet fand, sondern vornehmlich außerhalb desselben. Denn im gemischtsprachigen Gebiet, so läßt sich etwas summarisch folgern, verlor die SPÖ nur bescheiden und erlitt die FPÖ gemeindeweise sogar echte Schlappen.

Werbung
Werbung
Werbung

Die slowenischen Listen wiederum blieben zumeist erfolgreich. Auf sie entfallen, bei insgesamt 82 Mandaten weniger im Lande, 40 eigene Mandate, und ihre Stimmenzahl stieg von rund 2700 auf rund 4000. Dazu muß noch gesagt werden, daß überall dort, wo es eine „bekennende Minderheit“ in geringerer Zahl gibt und wo dieser geringeren Anzahl wegen keine eigenen Listen aufgestellt wurden, der Großteil der „slowenischen Stimmen“ nach wie vor der SPÖ zugefallen sein dürfte, zu einem recht geringen Teil aber auch der KPÖ. In sogenannten „windischen Gemeinden“ profitierte wiederum die ÖVP und, geringer, auch die FPÖ. Eine „Sekundär-Polarisie-rung“ im slawischen Volksteil wäre also geschafft! Leider ...

Immerhin gab dieser Wahlausgang den Zentralen der Kärntner Slowenen Anlaß zur laut geäußerten Hoffnung, bei Landtagswahlen könnte es für ein Mandat, eventuell sogar für zwei Mandate reichen. Diese würden, wenn die Wahlarithmetik nicht Sprünge macht, wohl zuallererst der SPÖ verlorengehen. Tragische Folge für eine Partei, die sich in Fragen der Minderheitenrechte so sehr strapaziert hat! Wie tragisch aber auch immer: Solange die Minderheitenfrage unverkennbar von Akzenten und Artikulierungen eines „Volkskampfes“ umrankt bleibt, ist es die „saubere Lösung“. Erst wenn sich dieses Kampf- und Krampfklima gelegt haben wird, werden wieder andere Fragen, die im demokratischen Entscheidungsprozeß moderner Staaten die gravierendere Rolle spielen (und dies natürlich auch für die Minderheit!), den Vorrang erhalten.

Dennoch kann man keineswegs von einer „reinlichen Scheidung“ sprechen. Natürlich ist auch in Gemeinden, die sehr stark von Kärntner Slowenen besiedelt sind (zum Beispiel die Gemeinde Zell), deren Votum unterschiedlich ausgefallen. Hier steckt eine beträchtliche Anzahl dieser Stimmen nach wie vor im SPÖ- und wohl auch im ÖVP-An-teil; da handelt es sich um Angehörige der Minderheit, die kommunalen, ideologischen und ähnlichen Kriterien eben den Vorzug gegeben haben, für die der Urnengang also kein „volkstumsmäßiges Bekenntnis“ darstellte.

Auch sind die slowenischen Listen keineswegs als „politisch einheitlich“ aufzufassen. In vielen dieser Listen dominierte das christlich-slowenische Element, in anderen das sozialistisch-slowenische, das man wiederum nicht als „puren Titoismus“ auffassen darf.

Aus alledem geht hervor, daß für die nach den Wahlen fortbestehende Erfüllungsfrage des Artikels 7 des Staatsvertrages, Unterfrage: topographische Zweisprachigkeit, aus dem Wahlergebnis selbst nicht viel zu gewinnen ist. Doch auch hierzu kann man einiges mit Erleichterung feststellen: Die SPÖ muß — im gemischtsprachigen Gebiet, und darauf kommt es im Zusammenhang an! — ihre „Ortstafelpolitik“ keineswegs als „gescheitert“ ansehen. Sie verunglückte mit dieser Politik vielmehr in Gebieten und Landeszentren, die davon, wenn überhaupt, nur am Rande berührt werden. Die ÖVP fand in ihren Kommentaren zu einem wohltuend ruhigen Tonfall zurück und sprach nur noch sehr unterkühlt vom „Ortstafelkrieg“. Das mag auch der Parteilinie entsprechen (den Erfolg auf die allgemeine Oppositionspolitik gegen die Regierung in Klagenfurt und Wien zurückzuführen), doch für die Sache selbst ist es ein Vorteil. Die FPÖ enthielt sich ebenfalls sehr weitgehend eines „Ortstafel-Triumphgeschreis“, vielleicht, weil sie sehr rasch erkannt hat, daß ihr die Erfolge etwa in Klagenfurt, Villach und Friesach vor Ort ganz andere Bewährungsproben auferlegen werden, die mit „Volks-tumspolitik“ nicht zu schaffen sind. Die Slowenen wiederum haben keinen Anlaß, sich „bedrängt“ zu fühlen. Der lupenrein demokratische Vorgang hat ihnen nicht geschadet.

Daraus nährt sich die Hoffnung, daß in der Ortstafelkommission nun rasch und von Wahlpolitik unbelastet nach konkreten und positiven Ergebnissen gesucht werden kann. Sie sollten schon deshalb bald gefunden werden, weil zwei, drei Jahre rasch verstreichen und Wahlen (Nationalratswahlen und Landtagswahlen), die 1974 und 1975 spätestens stattfinden müssen, bekanntlich ihre ungewissen Schatten weit vorauswerfen.

Mit ungelösten Problemen so grundsätzlicher Art, diese Erkenntnis sollte sich ausbreiten, sind auf Dauer keine Blumentöpfe, sondern nur deren Scherben zu gewinnen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung