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Keine Einmischung
Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil hat sich in Österreich so etwas wie ein „ökumenischer Knigge" herausgebildet. Eine dieser Verhaltensregeln besagt, daß sich eine Kirche möglichst nicht in die „inneren" Angelegenheiten einer anderen Kirche einmischen soll!
Aber ist das, was sich seit dem Amtsantritt von Bischof Krenn zuerst in Wien und dann in St. Pölten abgespielt hat, noch eine „innere" Angelegenheit? Und -es wird einem doch noch etwas auffallen dürfen.
Was besonders auffällt: Was die Kirchen betrifft, so wird fast nur mehr von Krenn gesprochen. Krenn ist der große kirchliche „Themenkiller" geworden, indem er selbst zur beachtlichen Inkarnation eines einzigen Themas geworden ist. Die Medien bilden sich übrigens immer noch ein, Krenn als „the ugly Catho-lic" zu präsentieren - in Wirklichkeit leisten sie schon lange kostenlos p.r.-Arbeit für ihn.
Warum Bischof Krenn auch die evangelischen Christen in Österreich beschäftigt? Nun, unter „Kirche" versteht ja der Durchschnittsösterreicher bis heute die Römisch-Katholische Kirche, konkret: Was Krenn tut, prägt das Kirchenbild in gewisser Weise bei allen Österreichern. Nein, keine Einmischung, aber es muß einen Protestanten in heiligen Zorn versetzen, wenn er miterleben muß, wie Bischof Krenn und sein Team einen Kirchentyp präsentieren, der nur als eine Art Hohn auf alle Traditionen der Reformation empfunden werden kann.
Ebenso fällt auf: Rom hat ernannt und schweigt - ist also offensichtlich einverstanden mit der innerkatholischen Gegenreformation in St. Pölten, und nicht nur dort. Das genau ist der Punkt, wo sich für einen Protestanten die ganze Arglosigkeit und Naivität progressiver Katholiken im Geist des letzten Konzils zeigt. Sie wollen nicht wahrhaben, daß ein Bischof wie Kurt Krenn nicht nur möglich, sondern sogar systemkonform ist. Und sie müssen erleben, wie alle Hoffnung auf kirchliche Evolution, auf klerikalen Machtverzicht, auf einen „gütigen" geistlichen Herrscher zuschan-den wird.
Bereits Luther hat den Codex des Kanonischen Rechtes zeichenhaft verbrannt, weil er die Struktur der römischen Kirche in Hinblick auf Christus für häretisch gehalten hat. Viele Katholiken scheinen aber nicht wahrhaben zu wollen, daß ihre Kirche aufgrund ihrer feudalstaatlichen Struktur ermöglicht, worunter sie zu leiden haben.
Nein, keine Einmischung, aber ein Mitempfinden und Mitleiden mit den vielen Christen in der Römisch-Katholischen Kirche, deren Glaubensfundament auch primär Christus und die Bibel ist, die ohne ökumenische Realutopien keine guten Katholiken sein können. Keine Einmischung, aber auch keine Verleugnung der Nächstenliebe durch diplomatisches Schweigen.
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