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Keine falsche Harmonie

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Erst streiten sie sich vor laufender Kamera, dann setzen sie sich gemütlich beim Heurigen zusammen: Jahrelang hat man das Politikern zum Vorwurf gemacht, jetzt will Helmut Zilk so beim G'spritzten die Kompetenzstreitigkeiten in der Koalition ausräumen. Das EU-Gerangel zwischen Kanzler, Vizekanzler und Bundespräsident war tatsächlich Koalition zum Abgewöhnen.

So sehr auch diese frühere Praxis kritisiert und/oder belächelt worden ist: Man hat sich - über die Gegensätze hinweg - zusammengesetzt, man konnte trotzdem gut miteinander reden, wenigstens hat man es versucht. Und das war eigentlich eine sehr reife politische Kultur. Heute will sich der eine mit dem anderen Politiker erst gar nicht mehr an einen Tisch setzen, man läßt ausrichten und geht sich aus dem Weg.

Der „Koalition ohne Wenn und Aber" wird in den nächsten Wochen und Monaten nicht nur von der Opposition kräftig eingeschenkt werden, auch intern wird in diesem Wahlkampf keiner dem anderen etwas schenken. Einerseits müssen Vranitzky und Busek Zusammenhalt beweisen, andererseits dem Haider-Argument von der „Einheitspartei" den Wind aus den Segeln nehmen.

Händchenhalten ist da ausgeschlossen. Keine falsche Harmonie. Jeder Koalitionspartner muß das Ziel haben, nach dem Wahltag in der Regierung relativ mehr Gewicht und Einfluß zu bekommen. Und da kann es auch keinerlei Tabuthemen geben - abgesehen davon, daß die Opposition mit Genuß genau jene Dinge aufgreifen würde, die SPÖ und OVP vielleicht aus dem Wahl-kampf ausklammern möchten.

Im Gegenteil. Die unterschiedlichen Standpunkte im außenpolitischen Bereich mitsamt der Neutralitätsfrage, die gegensätzlichen Rezepte zur Abwendung eines Budgetfiaskos, die auseinanderlaufenden Vorstellungen über die weitere Reform des Bundesstaates, die Bruchlinien in der Sicherheitsund Asylpolitik, konträre Ansichten über Privatisierungskurs und Familienförderung, die Liste ist unvollständig, müssen aus- und angesprochen werden. Fair, aber hart. Damit man sich nachher wieder zusammensetzen kann: am Tisch des Ministerrates, vielleicht

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