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Keine gute Nachred' für EG und Vereinte Nationen

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Daß die „Friedensverhandlungen über Bosnien-Herzegowina in Genf gescheitert sind, verwundert niemanden. Was wäre das Gegenteil von Scheitern gewesen? Die Unterschrift dreier Gegner unter einen Dreier-Plan, der Waffenstillstand, gewisse Verfassungsprinzipien für den völkerrechtlich anerkannten Staat und dessen (mit Einschränkungen) durch serbische Kriegserfolge festgeschriebene de facto Aufteilung vorsah.

Woran es mangelte, war der Wille der Kampfparteien, die Waffen wirklich schweigen zu lassen. Einen „Waffenstillstand” haben wir in Bosnien schon 55mal begrüßt. Die Verfassungsbestimmungen widersprachen den Vorstellungen der Bosniaken vom dezentralen Einheitsstaat, die Autonomie der zehn geplanten bosnischen Provinzen trugen in sich eine breite Auslegungsmöglichkeit und damit den Keim neuer Streitigkeiten.

Mit dem Jonglieren mit internationalen Prinzipien haben Cyrus Vance der UNO und Sir David Owen der EG keine gute Nachred' geschaffen. Jetzt soll also der - mittlerweile wieder gespaltene - Sicherheitsrat der Vereinten Nationen Sicherheit schaffen. Dem steht aber das Versagen der UNO-Truppen in Kroatien und Bosnien entgegen. Tadeusz Mazowiecki, polnischer UN-Menschenrechtsbeobachter im .jugoslawischen” Kriegs- und Krisengebiet - das sich südlich von Zagreb über die dalmatinische Küste, Banja Luka, Sarajewo bis in den Sandschak und nach Kosovo erstreckt - hat am Montag in Genf vor der UNO-Menschenrechtskommission eine Ausweitung des Mandats für die UNPROFOR (UNO-Schutztruppen) gefordert: Selbstverteidigung und Verteidigung von Angegriffenen und Schutz für Bedrohte sollten den Blauhelmen ermöglicht werden.

Die Logik Mazowieckis geht in Richtung militärische Intervention, denn mittlerweile ist ein ganzes Volk, sind die Bosniaken schwerst bedroht. Präsident Alija Izetbegovic hat von einer Million bosnischer Flüchtlingen gesprochen, insgesamt sind im ehemaligen Jugoslawien vier Millionen auf der Flucht. Vermutlich wird der Sicherheitsrat wieder nur eine Resolution anbieten. Bill Clinton, während des Wahlkampfes mit scharfen Worten gegenüber Serbien aufgefallen, steckt bereits zurück, Großbritanniens John Major, der gedroht hatte, „wir können auch anders”, wird jetzt von Außenminister Douglas Hurd konterkariert: „Wir sind zu schwach, um alles zu machen.”

Einzig in Deutschland überlegen Helmut Kohl und Verteidigungsminister Volke Rühe, gegen das Waffenembargo für Bosnien anzugehen. Wenigstens selbstverteidigen sollten sich die Moslems dürfen. Wenngleich das beileibe nicht der Weisheit letzter Schluß sein darf. Realistisch bleibt aber dem „Westen” nichts anderes übrig, will er nicht (siehe obigen Beitrag) vollständig sein Gesicht in der islamischen Welt verlieren.

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