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Keine Kriegsvorbereitung

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Die Zivildiener müssen sich auf den Grundlehrgang einlassen und mittun

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Die Zivildiener müssen sich auf den Grundlehrgang einlassen und mittun

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Immer wieder ist in den Medien laut zu vernehmen, daß die Arbeitsgemeinschaft für Zivildienst und praktisch alle großen Jugendorganisationen den Grundlehrgang für Zivildiener ablehnen (FURCHE 27/1984).

Der Grundlehrgang, der ab 1985 alle Zivildiener umfassend ausbilden soll, wird besonders deshalb abgelehnt, weil er die Einbindung in die Umfassende Landesverteidigung (ULV) weiter vorantreibt. Aber es gibt auch Sine andere Seite.

Zum ersten Mal wird durch diesen Grundlehrgang von staatlicher Seite eine Diskussion und ansatzweise Ausbildung in „Möglichkeiten gewaltfreier Verteidigung" angeboten: Mit nur zwei Tagen „Politischer Bildung" und nur zwei Tagen „Gewaltfreier Verteidigung" sind die friedenspolitischen Anliegen der Zivildiener allerdings nur spärlich berücksichtigt.

Die anderen drei Wochen sind für „Sanitätsdienst", „Katastrophen- und Selbstschutz" sowie „Technische Hilfeleistung" vorgesehen.

Die Zivildiener sind nun der Auffassung, daß diese Ausbildung ihre Hilfsfunktion für das Militär verfestigt und ausbaut. Die organisierten Zivildiener gehen noch weiter: Sie meinen, daß der Zivilschutz der Kriegsvorbereitung dient.

Da ich selbst Zivildienst geleistet habe, möchte ich mir einige kritische Anmerkungen erlauben.

Vor und unmittelbar nach Einführung des Zivildienstes vor zehn Jahren haben wir als Zivildiener sehr intensiv über einen Zivildienstlehrgang diskutiert. Heute vergessen die organisierten Zivildiener ganz, daß der Grundlehrgang immerhin vieles ermöglichen wird.

Außer der Diskussion von friedenspolitischen Inhalten über vier Tage hinweg wird es durch die Zusammenfassung in einem Bildungshaus einen ganzen Monat lang möglich sein, miteinander zu diskutieren, Ideen auszutauschen und Kontakte aufzubauen.

Die bisher nur punktuelle Diskussion über mögliche Konzepte einer Sozialen Verteidigung könnte durch den Grundlehrgang verbreitert und vertieft werden. Es würden nicht mehr nur einige wenige Aktivisten von gewaltfreien Ergänzungen oder Alternativen hören, sondern alle Zivildiener.

Ich bin daher fest davon überzeugt, daß der Grundlehrgang ab 1985 eine Dynamik entwickeln wird, die für alle Seiten fruchtbringend sein kann. Die organisierten Zivildiener und die Jugendorganisationen sollten sich daher — wenn auch mit Bauchweh — auf den Grundlehrgang einlassen und an der Entwicklung der Unterlagen und an der Ausbildung der Referenten mitwirken.

Obwohl sicherlich die meisten Zivildiener nächstes Jahr mit Interesse am Grundlehrgang teilnehmen, werden sie von den Jugendorganisationen alleine gelassen. Diese bleiben ablehnend, weil sie einer Minderheit treu bleiben wollen, einer Minderheit, die die ULV ablehnt oder sich gegen jegliche Verteidigungsvorbereitungen Österreichs ausspricht.

Innerhalb dieser „Szene" macht dieses Vorgehen populär. Die Mehrheit der Zivildiener wird jedoch von diesen Organisationen nicht vertreten.

Dieses Vorgehen ist unverantwortlich und geht genauso auf Kosten anderer, wie das vom Salzburger Milizverband angestrebte Volksbegehren, das auf die Verlängerung des Zivildienstes auf mindestens 14 Monate abzielt.

Der Milizverband argumentiert hauptsächlich mit vorhandenen Ungerechtigkeiten zwischen Militär- und Zivildienst. Dieser Argumentation stimme ich zu. Deshalb bin ich auch für eine Verlängerung des Zivildienstes auf zwölf Monate.

Um die Diskussion nach zehn Jahren Zivildienstgesetz nicht von Extremstandpunkten bestimmen zu lassen, wäre es notwendig, daß sich Zivildiener und Soldaten mit eigenständigen Beiträgen zur Weiterentwicklung ihres jeweiligen Dienstes zu Wort melden.

Der Autor ist Assistent am Institut für Politikwissenschaft an der Universität Innsbruck und war Zivildiener beim Internationalen Versöhnungsbund in Wien.

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