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Keine Ruhe im Sudan

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Am 18.September soll eine , NationaleVerfassungskonferenz im Sudan den Bürgerkrieg beenden. Verhandlungen über die Aufhebung des Ausnahmezustands beginnen am 4. Juli. Bricht jetzt im Sudan der Frieden aus?

Als vor wenigen Wochen die Aufständischen im Südsudan endlich einen einmonatigen Waffenstillstand ausriefen, sah es so aus, als sei der Bürgerkrieg in diesem von Dürre und Überflutungen, Heuschrek- ken und Tsetsefliegen geplagten Land vorbei. Die einst so unnachgiebige Regierung des Ministerpräsidenten As-Sadiq Al-Mahdi war von der eigenen Armee in die Knie gezwungen worden. Die nordsudanesischen Offiziere streikten und verlangten von Al-Mahdi, er solle endlich Frieden schließen.

Die kriegslüsterne „Nationale Islamische Front“ wurde daraufhin aus der Khartumer Koalitionsregierung ausgeschlossen und die Neuauflage der Scharia (des islamischen Rechts) auf Eis gelegt.

Die arabisch-islamische Regierung im Norden hat trotz intensiver

Bemühungen von den arabischen Staaten nicht genügend Waffenhilfe auftreiben können.

Die im schwarzafrikanischen Süden vorherrschende SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee) hat ihrerseits Nachschubprobleme, denn die äthiopischen Gönner sind zur Zeit zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Die Regierung von Addis Abeba ist durch denfast geglückten Aufstand der eigenen Armee schwer angeschlagen.

Just zu diesem Zeitpunkt ist aber mm im Nordwesten, in der Provinz Darfur, und besonders entlang der Grenze zum Tschad, ein neuer Bürgerkrieg ausgebrochen, und zwar auch hier zwischen Arabern und Schwarzafrikanem. Die Darfuris sind zwar Moslems, anders als die Mehrzahl der animistischen oder christlichen Südsudanesen, doch leben auch sie auf Kriegsfuß mit den arabischen Nomadenstämmen der Region.

Bei den Massakern im April zwischen Senegalesen und Mauretaniern (FURCHE 23/1088) war in der arabischen Presse die Rede von internationalen Verschwörungen mit dem Ziel, Keile zwischen Araber und Schwarzafrikaner zu treiben.

Auch im Hinblick auf die SPLA des Oberst John Garang meint man, Israel habe seine Hand im SpieL Der Avisbruch neuer Unruhen in Darfur sollte aber Anlaß dazu geben, die immer wieder und überall auf brechenden Feindseligkeiten zwischen Schwarzafrikanem und Arabern realistischer zu sehen. Rassenzugehörigkeit erweist sich offenbar als das stärkste Band, und der Islam scheint mit diesem Problem nicht besser fertig zu werden als das Christentum.

Selbst die von Christen geführten Südsudanesen der SPLA haben schwarzafrikanische Moslems auf ihrer Seite. Augenscheinlich ist der afrikanische Islam immer weniger bereit, sich vom Arabertum vereinnahmen zu lassen. Die Ablehnung gilt weniger der arabischen Sprache, die sogar vom SPLA-Chef Oberst John Garang als nützlich angesehen wird. Die Wut richtet sich mehr gegen den arabischen Führungsanspruch, dessen Zentrum außerhalb Afrikas liegt.

Gravierend wirkt der wirtschaftliche Druck, der die „Weißen“ aus den verdorrenden Sahel-Gebieten in den noch grünenden Süden der „Schwarzen“ treibt, sei es am Senegal-Fluß oder am Nil - ein uralter Konflikt, der durch die automatischen Waffen so verheerend geworden ist. Auf arabischer Seite gibt es das Kapital und die Bereitschaft, der wirtschaftlichen Not Abhilfe zu schaffen. Doch muß erst noch das notwendige Feingefühl aufgebracht werden, den Schwarzafrikanem gegenüber nicht pseudokoloniali- stisch aufzutreten. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit, der noch gewonnen werden kann.

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