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Kirchenträume, Zukunfoanalysen

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Zuversicht, die auf zweifellos vorhandenen positiven Ansätzen basiert, und Optimismus, der etwas aufgesetzt erscheint, weisen die Schlußfolgerungen des Freiburger Dogmatikers Karl Lehmann in seinem „Neuen Mut zum Kirchesein” (so der Buchtitel) auf — Bischöfen und Amtsträgern mag dies zwar das Leben erleichtern, Skepsis scheint dennoch am Platz.

Mit Recht kritisiert Lehmann, daß die Kirche ihren letzten Zweck nicht in sich selbst haben dürfe und verweist darauf, daß „die Rezeption der Welt im Raum der Kirche immer auch eine Verwandlung nach dem Maß Jesu Christi sein” müsse.

Trotz aller Enttäuschungen die Erfahrung zu machen, daß sie die Kirche des Herrn ist, daß der Glaube nur im Miteinander gelebt werden kann, daß institutionelle Formen dafür notwendig sind und daß es endlich nicht ohne Liebe zur Kirche geht, sind für den Autor Anlaß für seine neue Hoffnung auf die Kirche. Leider scheinen dabei aber die im ersten Teil des Büchleins zusammengefaßten Entwicklungen nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil und deren innerkirchliche und gesellschaftliche Ursachen zu wenig ernst genommen.

Unter dem Titel „Die Kirche und die Zukunft des Christentums” haben der Neutestamentier Rucjolf Schnackenburg, der Fundamentaltheologe Heinrich Fries und der Soziologe Franz Xaver Kaufmann die Frage untersucht, ob die Kirche eine Zukunft erhoffen könne. So meint Schnackenburg, daß die Kirche immer ihre innerlich auferlegte Ursprungsgestalt wahren und sichtbar machen müsse, wesentlich sei ihr die Gemeinschaft aller Menschen, insbesondere auch die Gemeinschaft mit den Armen und Unterdrückten. .

In den soziologischen Perspektiven zur Zukunft des Christentums und der Kirche stellt Kaufmann unter anderem die These auf, daß derzeit eine „Verkirchli-chung des Christentums”, also eine Konzentration des Christentums auf das spezifisch Religiöse stattfinde, die von der Gesellschaft den Christen nahegelegt werde. Kaufmann sieht in der Ausdifferenzierung der unterschiedlichen christlichen Traditionen eine Chance für die im Entstehen begriffene Weltgesellschaft.

Der Jesuit Norbert Lohfink, Alttestamentier in Frankfurt, interpretiert in seinem Buch „Kirchenträume” auf der Basis des Alten und Neuen Testamentes Gottes Traum von seinem Volk, von seinem Plan für die ganze menschliche Gesellschaft.

Immer unter Hinweis auf die Grundlegungen im Alten und Neuen Testament entwickelt er das Bild einer wahrhaft humanen, „alternativen” Gesellschaft, die das Gegenteil jener heute ins staatliche System voll integrierten Kirche darstellt, die die ihr zugewiesene Rolle als „Sinndeutungslieferant” übernommen hat.

Die Radikalität des Gewaltverzichts Jesu ebenso wie der Anspruch der Bergpredigt wurden aufgegeben, um als tröstende Vermittlerin im Leiden weiterhin in unserer Gesellschaft unentbehrlich zu sein. Gemeinden die sich auf dem Weg der Nachfolge Christi begeben, könnten nach Lohfinks Meinung durch ihr Beispiel gewaltloser Gemeinschaft mehr in der Welt bewirken, als alles andere kirchliche Tun.

Ebenfalls drei Autoren, Franz W. Niehl, Norbert Scholl und Georg Bajor haben unter dem Titel „Warum geht es nicht mehr wie früher?” den Bewußtseinswandel in der Kirche und Gesellschaft der letzten dreißig Jahre mit seinen Auswirkungen auf kirchliche Struktur und das Leben des einzelnen Katholiken zu beschreiben versucht.

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