Corona-Chaos in Israel

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Tausende Israelis wurden aufgrund falscher Daten-Auswertungen in Quarantäne geschickt.

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Tausende Israelis wurden aufgrund falscher Daten-Auswertungen in Quarantäne geschickt.

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Es gibt Leute, die bringen tatsächlich jetzt Kinder zur Welt. Allerdings konnte vor neun Monaten niemand etwas von der Corona-Pandemie ahnen. Das gilt auch für meine Bekannten in Tel Aviv. Ihre Tochter wurde im Juni geboren. Da galt Israel noch als vorbildlich beim Umgang mit dem Virus. Dass es anders kommen würde, war zu befürchten. Die Erlebnisse des werdenden Vaters sind typisch für das Corona-Chaos im Land. Wenige Tage vor dem Geburtstermin war er im Fitness-Studio. Kurz darauf kam eine SMS: Zeitgleich mit ihm habe ein Corona-Infizierter trainiert. Deshalb dürfe er seine Wohnung zwei Wochen nicht verlassen.

Tausende Israelis erlitten ein ähnliches Schicksal. Sie werden ohne weitere Abklärung in Quarantäne geschickt. Mein Bekannter, verzweifelt ob der Aussicht, die Geburt seines ersten Kindes zu verpassen, setzte alles daran, einen Corona-Test zu bekommen. Die werden normalerweise nur bei Krankheits-Symptomen gewährt. Er zahlte schließlich privat 500 Euro und bekam drei Tage später das Ergebnis: negativ. Weitere
zwei Tage später kam wieder eine SMS vom Fitness-Studio: Es habe sich um falschen Alarm gehandelt.

Der Mann ist kein Einzelfall. Nach Schätzungen wurden bisher 12.000 Israelis aufgrund falscher Daten-Auswertungen in Quarantäne geschickt. Testergebnisse werden verschlampt. Die Situation scheint außer Kontrolle. Die Zahl der Neuinfizierten (täglich rund 2000) und die Arbeitslosenquote (mehr als 20 Prozent) erreichen traurige Rekordwerte. Für das Wochenende hatte die Regierung kurzfristig einen weiteren Lockdown verhängt. Nach Protesten der Restaurantbesitzer wurde er für Gastronomiebetriebe (vorerst) wieder aufgehoben. Dann hieß es, die Strände sollten schließen. Aber nicht sofort, vielleicht ja auch gar nicht. Strategie dahinter? Kann keiner erklären! Die Proteste gegen die Regierung nehmen zu.

Die Autorin ist Korrespondentin der ARD im Nahen Osten.

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