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Der Friede vor der Tür

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Die große Aussöhnung in Europa steht offenbar vor der Tür. Alle Zeichen deuten auf Friedenswillen aller bedeutenden Mächte hin, die kleinen Staaten beeilen sich, rechtzeitig in einen angebotenen Sicherheitshafen einzulaufen. Eines der wichtigsten Ereignisse in diesem Zusammenhang ist der jetzige Deutschlandbesuch von Präsident Boris Jelzin. Man kann sich zumindest vorstellen, daß hier ~ in Nachbildung des deutsch-französischen Modells -die Initialzündung für eine neue Freundschaft gegeben wird.

Der Friedenswille ist vorhanden, was fehlt, sind feste Strukturen und Verpflichtungen. Die NATO wandelt sich nur langsam zu einem kollektiven Sicherheitssystem. Alle osteuropäischen Staaten (ohne Rußland) sind mittlerweile „Partner für den Frieden" (Schweden und Finnland haben jetzt diesen Schritt gesetzt, die Schweiz überlegt) und dürfen auf Grundlage individueller Verträge mit der NATO unterschiedlich bei UNO- oder KSZE-Peace-Keeping-Operations mitarbeiten.

Die Westeuropäische Union (siehe Seite 2), aus der einmal die Verteidigungsorganisation der Europäischen Union werden soll, hat soeben sechs osteuropäische und die drei baltischen Republiken als assoziierte Partner aufgenommen. Die Schweiz will am 12. Juni über UNO-Einsätze in einem Referendum entscheiden.

Das alles macht den Eindruck eines ungeheuren Friedensaufbruchs. Und dennoch herrscht Krieg auf dem Balkan, den man weiterhin als eigentlich „nichteuropäisch" nur eindämmen, aber offenbar bis zum „Endsieg" der Aggressoren weiterlaufen lassen will. In Rußland ist noch lange nicht ausgemacht, daß sich das gigantische Reich friedlich, demokratisch, rechtsstaatlich weiterentwickelt. Eine Konzentrierung beziehungsweise Systematisierung aller Friedensinitiativen mit klaren Zielen (UNO-, KSZE-Charta) und ebenso klaren wechselseitigen Verpflichtungen und Garantien tut not. Vielleicht schafft die Begegnung Deutschland-Rußland Klarheit. Alleingänge, Sub-Koalitionen oder Vormachtstellungen darf es nicht mehr geben. Daran wird zu messen sein, wie ernst es Rußland mit seiner Bereitschaft zur „Partnerschaft für den Frieden" meint.

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