Geld und Rollenbilder

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Darf in die zivilrechtliche Freiheit von Eltern eingegriffen werden? Gedanken zum Kinderbetreuungsgeld und der Beteiligung von Vätern in der Sorgearbeit.

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Darf in die zivilrechtliche Freiheit von Eltern eingegriffen werden? Gedanken zum Kinderbetreuungsgeld und der Beteiligung von Vätern in der Sorgearbeit.

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Aus Anlass des Jubiläums „20 Jahre Kinderbetreuungsgeld“, das vergangenen Montag mit einem Festakt an der Universität Wien begangen wurde, lohnt ein Blick zurück: Bis 2002 war die Geldleistung nach der Geburt eines Kindes systematisch in der Arbeitslosenversicherung positioniert und stand grundsätzlich nur Arbeitnehmerinnen zu, die arbeitsrechtliche Karenz in Anspruch nahmen. Weil diese Situation als Sonderfall der Arbeitslosigkeit galt und ein Zuverdienst nur bis zur Geringfügigkeitsgrenze zulässig war, mussten Mütter praktisch aus dem Erwerb ausscheiden, um in den Genuss der Geldleistung zu kommen. Selbstständige sowie Mütter, die die Mindestanwartschaft in der Arbeitslosenversicherung nicht erfüllten, hatten keinen Anspruch auf Karenzgeld.

Mit dem Kinderbetreuungsgeld erlangte jede Mutter Zugang zur „kindbedingten“ Transferleistung, wurde das de facto weitgehende Erwerbsverbot aufgehoben, die Leistung deutlich angehoben und die Bezugsdauer bis zum dritten Geburtstag des Kindes ausgeweitet. Die Evaluierung hat gezeigt, dass die Armutsgefährdung von Familien mit Kindern deutlich reduziert, der Wiedereinstieg ins Erwerbsleben durch die ausgeweiteten Verdienstmöglichkeiten erleichtert und der Abwärtstrend in der Geburtenzahl gestoppt wurden.

Im Laufe der Zeit wurde versucht, auch die Beteiligung von Vätern an der Kinderbetreuung zu verbessern, was nicht gelang. Die Lebensmuster und Rollenbilder von Eltern sind doch stark verwurzelt. Aber: Ist der Versuch legitim, die zivilrechtliche Freiheit der Eltern in der Lebensgestaltung über die Geldleistung einzuschränken? Bedauerlich ist jedenfalls, wenn meist verkürzend von Kindergeld gesprochen wird: Der Betreuungstätigkeit wird nicht gerecht, wer sie in der Bezeichnung der Transferleistung ausblendet!

Der Autor ist Professor für Arbeitsund Sozialrecht und Leiter des Instituts für Familienforschung.

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