Impfpässe und Probleme

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Wie geht man mit Menschen um, die nicht bereit sind, den Inhalt einer Spritze in ihren Körper zu lassen, dem sie misstrauen?

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Wie geht man mit Menschen um, die nicht bereit sind, den Inhalt einer Spritze in ihren Körper zu lassen, dem sie misstrauen?

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Das hätte sich Kanzler Kurz sicher niemals gedacht: dass ihn sein Israel-Besuch zu Coronazeiten als Erstes in ein Fitnessstudio führt. Da stand der österreichische Regierungschef dann sichtbar beeindruckt neben dem israelischen Premier Netanjahu und der dänischen Ministerpräsidentin Frederiksen und schaute Menschen beim Gerätetraining zu. Es ging natürlich um den Grünen Pass, den die israelische Regierung an Geimpfte und Genesene vergibt. Diese können damit diverse „Privilegien“ genießen. Neben dem Besuch eines Fitnessstudios öffnet er ihnen etwa die Türen zu Restaurants, Museen, Konzerten, Hotels.

Der Besuch aus der EU war für Netanjahu eine willkommene Unterstützung im Endspurt seines Wahlkampfes. Bewies er doch einmal mehr, dass die Welt neidisch auf Israel blickt, wo sich bekanntlich längst alle mit Pfizer/Biontech-Vakzinen impfen lassen können, die älter als 16 Jahre alt sind. Für Jüngere ist der Impfstoff noch nicht zugelassen. Wer keinen Grünen Pass hat, ist also entweder selbst schuld oder nicht alt genug.

Hier fangen die komplizierten ethischen Fragen an. Wie geht man mit Menschen um, die nicht bereit sind, den Inhalt einer Spritze in ihren Körper zu lassen, dem sie misstrauen? Widersprüchlich ist, dass der Staat zwar vorschreibt, dass etwa die Besucher von Fitnessstudios oder Restaurants dieses Dokument besitzen müssen. Für die Mitarbeiter in den Studios oder Restaurants gilt die Impfpflicht nicht. Deshalb haben Unternehmen begonnen, jene, die eine Impfung verweigern, zu kündigen oder zu versetzen. Schwierig wird es auch für impfskeptische Familien mit Kindern, von denen manche über und andere unter 16 Jahre alt sind. Gemeinsame Familienausflüge sind nicht mehr möglich. Kurz hat in Israel auch bezüglich dieser Probleme einen Blick in die Zukunft der EU geworfen.

Die Autorin ist Korrespondentin der ARD im Nahen Osten.

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