Impressionen von der Gaza-Grenze
Was eine Szene am Personenübergang Erez zwischen Israel und dem Gazastreifen über das Drama in Nahost erzählt.
Was eine Szene am Personenübergang Erez zwischen Israel und dem Gazastreifen über das Drama in Nahost erzählt.
Um ein Gefühl zu bekommen, wie stark die Spannungen zwischen Israel und dem Gazastreifen sind, ist der Besuch am Personenübergang Erez immer ein guter Gradmesser. Israel und Ägypten haben den Gazastreifen abgeriegelt, seitdem dort 2007 die radikal-islamische Hamas die Macht übernommen hatte.
Ausreisegenehmigungen werden nur sehr restriktiv vergeben. Häufig ist Erez geschlossen, aber auch während der Öffnungszeiten menschenleer. Nur ein paar Taxifahrer dösen auf den Schattenplätzen oder streiten um die wenige Kundschaft. Meist sind es Schwerkranke, oft kleine Kinder, mit Begleitperson auf dem Weg zur Behandlung nach Ost-Jerusalem. Aber jetzt herrscht dort geradezu Trubel. Die Taxis haben Verstärkung von Kleinbussen bekommen. Der Grund: Israel hat die Zahl der Arbeitsgenehmigungen für Palästinenser aus dem wirtschaftlich elend-desolaten Gazastreifen stark erhöht. Zehntausend Arbeiter können künftig auf israelischen Baustellen, in der Landwirtschaft oder in der Produktion Geld verdienen, um ihre Familien in Gaza zu ernähren.
Die israelische Regierung will den gefährlichen Druck lindern, der durch die Armut entstanden ist. Der 30-jährige Ahmed kann sein Glück kaum fassen. Er wäscht Autos in einer arabischen Werkstatt bei Tel Aviv und verdient 300 Schekel am Tag, das sind etwa 85 Euro. In Gaza war es schon ein guter Tag, wenn er überhaupt einmal Arbeit hatte und 50 Schekel bekam. Aber er weiß, dass sein Glück schnell wieder vorbei sein kann. Wenn er sich positiv über seine israelischen Arbeitgeber äußert, muss er Restriktionen der Hamas befürchten. Und Israel kann seine Duldung jederzeit zurücknehmen. Der Vorplatz zur Grenze kann schon bald wieder gespenstisch verwaist sein. Auch wenn Ahmed für seine Verhältnisse plötzlich sehr viel Geld verdient – er bleibt arm. Ein bedauernswertes Faustpfand der Politik.
Die Autorin ist Korrespondentin der ARD im Nahen Osten.
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