Italien: Spaß oder Nicht-Spaß?
Über die Entwicklungen nach dem Wahlsieg der neofastischen Giorgia Meloni.
Über die Entwicklungen nach dem Wahlsieg der neofastischen Giorgia Meloni.
„Der Spaß ist vorbei!“: Das hatte Giorga Meloni schon im Wahlkampf der EU ausgerichtet. In ihrer ersten offiziellen Rede nach dem Sieg kündigte sie als Italiens voraussichtlich nächste Ministerpräsidentin einen „Italy First“-Kurs an. Rom werde sich von der EU nicht mehr alles bieten lassen.
Als ob die Arbeit in Brüssel bisher vergnügungssteuerpflichtig gewesen wäre! In Ungarn und Polen testen längst nationalistische, rechtspopulistische Regierungen aus, wie weit sie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit unterminieren können. In Schweden feiern die Rechtspopulisten ihren jüngsten Erfolg. Jetzt folgt in Italien auf die bisher europafreundlichste Regierung von Draghi die bis dato europakritischste einer Politikerin mit neofaschistischen Wurzeln.
In Brüssel weist man darauf hin, dass die EU Instrumente habe, Rechtspopulisten zu disziplinieren. Stichwort: Geld. Allerdings haben diese Instrumente einen Orbán bisher kaum beeindruckt. Viele Beobachter beschwichtigen: Meloni sei zu strategisch, um einen Eklat mit Brüssel zu provozieren.
Mag sein. Aber mir gefällt der Gedanke nicht, dass die EU künftig überwiegend damit beschäftigt sein könnte, die immer stärker werdenden zersetzenden Kräfte in den eigenen Reihen im Griff zu behalten. Mich beunruhigt, dass wir noch keine Werkzeuge gefunden haben, um auf den Hilferuf an der Wahlurne von Menschen zu reagieren, die sich von etablierten Kräften nicht mehr vertreten fühlen. Offenbar teilen viele Italiener(innen) die Auffassung von Meloni, wonach Brüssel (angeführt von Berlin und Paris) Rom schikaniert und dominiert hat.
Die EU muss das selbstkritisch zur Kenntnis nehmen und dem entgegenwirken. Aber Melonis Regierungsaufgabe in Zeiten von Energiekrise, Krieg und mit den Putin-Freunden Berlusconi und Salvini an der Seite: Klingt auch spaßbefreit.
Die Autorin ist Redaktionsleiterin Ausland und politischer Hintergrund beim Bayerischen Rundfunk.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!