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War es „Sabotage einer erfolgreichen Koalitionsspitze“ oder „nur“ ein typischer Kompromiss der damaligen Regierung? Im Beschluss des Ministerrats vom 12. Juli 2016 wurde vereinbart, es sollen „jedenfalls 750 Millionen Euro inklusive eines allfälligen Anteils der Länder aus der Einmalzahlung insbesondere für den Ausbau von ganztägigen Schulund Betreuungsangeboten zur Verfügung gestellt werden.“ Nach seinerzeitigen Recherchen der Presse sah damit „die SPÖ das Geld für Ganztagsschulen gesichert, für die ÖVP sind mit der Formulierung auch Mittel für die Nachmittagsbetreuung ohne Schulunterricht fixiert.“ Weiter verhandelt werden sollte dann im Herbst.

Dieser im Beschluss verkleidete Dissens wird derzeit auf einen Chat zurückgeführt, nach dem der damalige Außenminister Kurz ein Bundesland dagegen „aufgehetzt“ habe, „Nachmittagsbetreuung mit Rechtsanspruch“ zu verhindern.

Für mich als jahrzehntelangen Begleiter der familien- und bildungspolitischen Gesetzgebung ist diese Sicht zu simpel: Aus dem Erlös der Bankenabgabe wollte die SPÖ damals eine Milliarde Euro für den von ihr jahrzehntelang geforderten Ausbau der Ganztagsschule. Dieses Vorhaben sollte dem Ministerrat unmittelbar vor der Sommerpause und knapp nach dem Bundesrats-Beschluss über ein Gesetz, für das etwa um eine Finanzierung von Sprachstartgruppen um wenige Millionen Euro gerungen wurde, vorgelegt werden. Plötzlich war zigmal mehr Geld für ein gesellschaftspolitisch überaus heikles Thema da, ohne dass Länder und erhebliche Teile der ÖVP eingebunden waren!

Ich halte es für legitim, wenn ein Minister, der mit einer solchen Vorgehensweise nicht einverstanden ist, seine Kontakte zu Ländern nutzt, um eine auf diese Weise geplante gesellschaftspolitisch wichtige Weichenstellung zu verhindern.

Der Autor ist Professor für Arbeitsund Sozialrecht und Leiter des Instituts für Familienforschung.

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