Leuchten in Betlehem

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Susanne Glass über Omikron und das verpasste Weihnachtswunder.

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Susanne Glass über Omikron und das verpasste Weihnachtswunder.

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Sie hatten so sehr auf ein Weihnachtswunder gehofft: Die Menschen in Bethlehem im palästinensischen Westjordanland. Die Geburtsstadt Jesu lebt fast ausschließlich von den Einnahmen aus dem Tourismus. Aber die Pilger blieben seit März 2020 aus, seitdem Israel seine Grenzen wegen der Pandemie geschlossen hat. Anfang November sah es so aus, als würden die Hoffnungen wahr werden. Die ersten Touristengruppen durften anreisen, die renovierte Geburtskirche besuchen und über den Bazar der Altstadt flanieren. Die Hotels holten ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurück, ließen die Zimmer putzen, die Weihnachtskrippen aufbauen. Die Holzschnitzer öffneten ihre Werkstätten. Aber die Vorfreude auf ein Weihnachtsfest mit Gästen war pünktlich zu Beginn der Adventszeit vorüber. Wegen der Omikron-Variante lässt Israel wieder keine Touristen einreisen. In Bethlehem wissen sie nun, dass sie an Heilig Abend eine sehr „Stille Nacht“ begehen werden. Das zweite Weihnachten ohne Pilger. Enttäuschung und Verzweiflung haben sich über die Wiege der Christenheit gelegt. Aber gleichzeitig auch ein „jetzt erst recht!“. Die Holzschnitzer bieten ihre Krippen online an. Eine arbeitslose Fremdenführerin hat eine Sprachenschule eröffnet. Von ihren Fremdsprachen-Kenntnissen profitieren nun palästinensische Studentinnen und Studenten. Und es kommt mir vor, als leuchte der Weihnachtsschmuck in diesem Jahr besonders hell. Bethlehem funkelt und glänzt. Tatsächlich bestätigen Einheimische, dass sie sich beim Dekorieren extra viel Mühe gegeben haben. Und am 4. Dezember versammelte sich die ganze Stadt auf dem Krippenplatz, um dabei zu sein, wenn der Weihnachtsbaum erleuchtet wird. Christliche Einwohner gemeinsam mit muslimischen Nachbarn. Alle fest entschlossen, sich die Freude am Weihnachtsfest nicht nehmen zu lassen.

Die Autorin ist Korrespondentin der ARD im Nahen Osten.

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