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Moloch Auto
Nach langem Bingen hat der Klima-Gipfel in Kyoto zwar nur ein relativ bescheidenes Ziel der Beduktion der Treibhausgase gebracht, aber immerhin den Hoffnungsschimmer an den Horizont gezeichnet, daß man endlich ernsthaft erste Schritte setzen wird.
Der Straßenverkehr ist für ein Viertel der Treibhausgas-Produktion verantwortlich. Es hilft nichts, daß die modernen Autos die Umwelt nur noch mit einem Zehntel jener Schadstoffmengen belasten, die ihre Vorgänger vor einer Generation ausgeblasen haben. Denn: Dieser Vorteil wurde mehr als wettgemacht durch das rasante Wachstum des Verkehrs, das mit steigendem Wirtschaftswachstum auch weitergehen wird.
Außerdem produzieren Autos nicht nur Treibhausgase, sondern sie verschmutzen die Luft der Ballungszentren, verschandeln Städte und Landschaften, produzieren Lärm und Staus. Die bisherige Politik, noch mehr Straßen zu bauen, ist kein Lösungsansatz mehr. Der einzige Ausweg scheint eher darin zu liegen, fürs Autofahren nach einem gezielten marktwirtschaftlichen System zur Kasse zu bitten. Sicherlich werden die Wähler nicht leicht davon zu überzeugen sein, daß sie nun für etwas zahlen sollen, das so lange nichts gekostet hat. Aber in letzter Zeit sehen immer mehr Begierungen ein, daß es keine Alternative gibt. Und sie haben - wie in Skandinavien - Erfolg damit, ohne von den Wählern bestraft zu werden.
Nicht sinnvoll wäre es, die Lösung mit einer generellen Verteuerung des Autofahrens etwa in Form einer drastischen Erhöhung der Treibstoffsteuern zu versuchen. Auch wäre es ungerecht, jemanden zu bestrafen, der über fast leere Landstraßen fährt, wenn das Problem bei den verstopften Städten und Autobahnen liegt.
Nur auf die örtliche und zeitliche Verkehrsdichte abgestimmtes Boad-Pricing kann das Problem in den Griff bekommen: Wer in den Stoßzeiten in staugefährdeten Zonen fährt, muß dann am meisten zahlen. Die Einnahmen müßten zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs verwendet werden, um den Autofahrern echte Alternativen zu bieten.
Davon würden auch jene profitieren, die ohne den Vorteil persönlicher Mobilität an den Folgen des Autoverkehrs leiden: jene, die kein Auto haben, weil sie es sich nicht leisten können oder sehr jung oder sehr alt sind.
Der Autor ist stellvertretender Chefredakteur der „Wiener Zeitung" und Herausgeher des „Wiener Journal".
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