Systemklarheit und Pensionen

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Wolfgang Mazal über gesellschaftliche Probleme und das Pensionssystem.

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Wolfgang Mazal über gesellschaftliche Probleme und das Pensionssystem.

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Seit Jahren dieselben Themen: Sollen Kleinpensionen überproportional valorisiert werden? Kann man das faktische und gesetzliche Pensionsalter anheben, wenn Ältere keine Beschäftigung finden? Wie kann trotz Unterbrechungen der Erwerbsbiografie Altersarmut von Frauen vermieden werden? Sollen Pensionen gekürzt werden, wenn deren Bezieher eine höhere Lebenserwartung haben?

Hinter diesen Themen steht eine grundsätzliche Problematik: Es ist seit Jahrzehnten üblich, gesellschaftliche Probleme im Pensionssystem abzuladen, anstatt sie zu lösen:

· Den durch den Nationalsozialismus Verfolgten wurde eine pensionsrechtliche Begünstigung eingeräumt – besser wäre wohl gewesen, sie nicht erst beim Pensionsantritt zu fördern;

· Frauen dürfen früher in Pension gehen – besser wäre wohl gewesen, Benachteiligungen in der Arbeitswelt und durch Doppelbelastung abzubauen;

· Ältere Arbeitslose sollen in Pension gehen können – besser wäre wohl, eine gute Arbeitsmarktpolitik auch für Ältere zu machen, usw.

Im Endeffekt bleiben die eigentlichen Probleme ungelöst und verliert das Pensionssystem seine Schlüssigkeit: Dessen Ziel ist es nicht, gesellschaftliche Probleme einschließlich der Altersarmut zu lösen, sondern den im Lebenseinkommen wurzelnden Lebensstandard zu sichern. Darauf vertrauen viele leider nicht mehr. Wenn durch die Pensionsformel unerwünschte Effekte auftreten, sollen sie korrigiert werden – aber richtig! Aktuell: Wer Armut von Kleinpensionisten bekämpfen will, soll den Ausgleichszulagenrichtsatz anheben; eine generelle Anhebung aller Kleinpensionen wäre der falsche Weg, weil dadurch auch Personen gefördert werden, die auch andere Einkommen haben.

Gesellschaftliche Probleme werden nur gelöst, wenn sie sichtbar werden; mit dem Pensionsthema sollten nicht Fehler in anderen Politikfeldern übertüncht werden!

Der Autor ist Professor für Arbeits- und Sozialrecht und Leiter des Instituts für Familienforschung.

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