Wenn die Lichtlein brennen

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Jahreszeitgemäß wäre ein Weihnachtsbeitrag angesagt: ein besinnlicher (was zählt im Leben?) oder ein kritischer (müssen wir so viel kaufen?). Aber diese Welle kommt ohnehin alljährlich über uns, folgenlos; ebenso wie die Klage über das Christmas-Gedudel. Aber die kulturwissenschaftliche Frage ist schon interessant: Wie verändern sich Inhalt und Erscheinungsform des Weihnachtsfestes? Erstens ist das religiöse Substrat in einer sich säkularisierenden Gesellschaft im Niedergang. Weihnachten wird nicht sterben, weil es attraktiv ist – aber es wird als Folklore erlebt. Etwas für das Gemüt. Es ist doch schön, das alles, vor allem für die Kinder. Sogar die Stall-Story. Das ist nicht mit religiösem Durchleben des Festes zu verwechseln. Zweitens haben wir es mit zunehmendem Synkretismus der globalkulturellen Inhalte zu tun. Wie sich schon Halloween mit Allerseelen vermischt, so treten nun mehrere verfügbare Gestalten auf: Jesus, das Christkind, der Weihnachtsmann, die Rentiere, der Nussknacker. Der Weihnachtsbaum ist Allgemeingut geworden. Santa Claus hat einen gewissen Vorzug gegenüber dem Christkind, weil er als Geschenkespender leichter darstellbar ist als ein fliegendes Engerl. Drittens das Visuelle: Es ist die hellste Zeit im Jahr. Ein technisch neues Phänomen: Lichterketten gleißen und blinken allenthalben. Man schaut sich ein auf die dekorierten Christbäume, in Bälde wird es als Verantwortungslosigkeit angesehen werden, beim Familienbaum brandgefährliche Wachskerzen zu verwenden. Viertens eine tourismusträchtige „Erfindung“: etwa die in ganz Europa aufblühenden Weihnachtsmärkte – mit günstigen Busreisen, um zu den dutzendweise schönsten und größten urbanen Almbudenimitationsansammlungen geführt zu werden. Klingelingeling.

Der Autor ist Professor für Soziologie an der Universität Graz

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