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Wer ist reich?

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Ist einer „arm”, wenn er seine Kinder nicht zum Schikurs schicken kann? Oder scheint er nur so, weil er zufällig nicht zur Mehrheit zählt, mit der der Luxus zur Selbstverständlichkeit wurde? Die Frage danach, was „Armut” in unseren europäischen Rreiten heißt, ist ins öffentliche Gespräch gekommen, und das ist gut so. Schade bloß, daß die Medaille immer nur auf einer Seite zu liegen kommt: Wer hat schon einmal nach dem „Reichtum” gefragt? Nach den Vermögen in unserem Land und ihrer volkswirtschaftlichen Bewertung?

Niemand, denn „Geld haben” ist tabu. Und Vater Staat hilft kräftig mit, diesen Konsens aufrechtzuerhalten. Nach wie vor gibt es die anonymen Konten, die Vermögenswerte im dunkeln halten und einer gerechten Besteuerung entziehen - die Einführung der Kapitalertragssteuer kann nur als dürftiger Versuch gewertet werden, diesem Problem beizukommen; die Vermögenssteuer hat der Finanzminister einfach abgeschafft, nachdem er an einer Besteuerung der Grundvermögen scheiterte; die ersatzweise angepeilte Erhöhung der Erbschaftssteuer ist von der Koalition glücklich verschleppt worden.-

Fachleute halten das österreichische Steuersystem überhaupt für eines, das einem Entwicklungsland eher anstünde: Einkommen und Vermögen werden nur mäßig besteuert, sodaß viel gespart und wenig investiert wird. Dazu kommen gewaltige Veränderungen im Investitionsverhalten der Unternehmen: Angelegt wird in Kapitalvermögen, nicht mehr in Realkapital, Industriebetriebe mutieren zu „Banken”, Manager zu reinen Finanzjongleuren, die im Kampf um eine gute Performance an der Börse Arbeitnehmer abstoßen.

Es sind die Unterschiede in den Vermögenseinkünften, die den größten Anteil an der Einkommens-Ungleichheit in der österreichischen Bevölkerung ausmachen. Die „Ar-muts”-Diskussion braucht eine „Reichtums”-Diskussion an ihrer Seite. Ob sich die verantwortlichen Politiker trauen oder lieber weiterhin den Vorwurf des „Neidkomplexes” pflegen? Eine Entscheidung fällt späfestens dann, wenn sich die sogenannten „ Modernisierungsverlierer” gewaltsam nehmen, was herumliegt.

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