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Klee über Klee

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Die Welt durchwandernd, halben Wegs ungefähr zwischen New York, Jerusalem und Tokio, machte Felix Klee auf Schloß Walchen (bei Vöcklabruck, Oberösterreich) Station, um vor dem „Kulturkreis“, der sich dort, am Eingang des Attergaues monatlich zusammenfindet, über seinen Vater, den Maler Paul Klee (1879—1940) zu sprechen.

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Die Welt durchwandernd, halben Wegs ungefähr zwischen New York, Jerusalem und Tokio, machte Felix Klee auf Schloß Walchen (bei Vöcklabruck, Oberösterreich) Station, um vor dem „Kulturkreis“, der sich dort, am Eingang des Attergaues monatlich zusammenfindet, über seinen Vater, den Maler Paul Klee (1879—1940) zu sprechen.

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Ein Lichtbildervortrag, der nicht nur Uberblick über das gesamte Schaffen bot — von den ersten, in Schulhefte gekritzelten Karikaturen bis zum letzten, unvollendeten Bild —, sondern auch Photos, charakteristische Aufnahmen aus entscheidenden Lebensabschnitten des Meisters, wobei durch

Vortragenden — und wer, außer ihm, daß er zur selben Zeit wie Kandinsky hätte es wissen können — entdeckt sein erstes (mehr oder weniger) abwerden konnte. So etwa, daß Paul straktes Bild malte, ohne von Kan-

Klee Linkshänder war, was die nach dinskys Existenz und etwas davon zu man erfuhr auch, wann Klee ent-das Charakteristische erst deckte, daß Tiere Physionomien ent-den helfenden Hinweis des wickeln wie Menschen; man erfuhr, dem Spiegelbild gemalten Selbstporträts nicht verraten, wohl aber die Photographien, die ihn bei der Arbeit zeigen. Man erfuhr auch, daß Klee sehr gut Geige spielte und (was keineswegs paradox klingt, kennt man sein Oeuvre) Bach verehrte; ahnen, daß dieser in der gleichen Straße, zwei Häuser weiter, lebte und schuf. (Später freilich lernten die beiden einander kennen und bewundern, bis sich die Wege wieder trennten.)

Geleitet vom Kommentar des Sohnes, durchwanderte man die „Perioden“ Paul Klees, beginnend mit der Loslösung aus dem für unser ganzes Jahrhundert entscheidenden gemeinsamen Urgrund der Jugendstiltage, über die Zeit des Pointiiiismus hinweg, die bei Klee eher eine Art von Mosaikmalerei war, zur konstruktivistischen Bauhauszeit, zur Zeit der „Balkenstriche“, die 1936 mit dem Beginn der Todeskrankheit einsetzt, bis zur letzten vom Tode bereits überschatteten Periode der „schwarzen Zeichen“, jener Periode seiner ungeheuersten, fast unglaublichen Produktivität. In ihr entstanden die wesentlichsten Werke, 1939, kurz vor dem Ende, ihrer eintausendzweihundert!

Was der Kommentator, dem es um Abgrenzung und Unterscheidung ging, nicht aussprach, war das Verbindende, das Unverkennbare: Paul Klee war immer und überall der Maler bezaubernder Einfälle. In seine Engel, seine „Zwitschermaschine“, seine „marschierenden Viadukte“, Edelsteine, Schriftbilder und melodiösen Sackleinwandfetzchen allerlei Kritisches oder große Untergangs-prophetien hineininterpretieren zu wollen, wie es hektischen Kritikern zuliebe mitunter versucht wird, wäre wohl Irreführung. Unter den breiten Gewölben, neben Renaissancefresken, und konfrontiert mit einzigartigen Sammlungen von Kunstgegenständen und Mobiliar, bestand lediglich der Maler Paul Klee und offenbarte sein eigentliches Wesen.

Schloß Walchen als lebendiges geistiges Zentrum inmitten eines kulturellen Entwicklungsgebietes hat seine eigenen Gesetze. Anreisen der Kulturkreismitglieder erfolgen fallweise nicht nur aus der nächsten Umgebung, sondern auch aus Wien, Salzburg, München, Fulda und Hamburg. Nicht nur Dichter und bildende Künstler bewähren sich hier, fern vom großstädtischen Betrieb und vom Zwang der aktuellen Phrase, auch Herta Firnberg und Dr. Otto Habsburg werden in nächster Zeit auf Walchen sprechen und diskutieren.

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