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Klein- und Mittelbetriebe: Ein Rezept gegen die Krise

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Mit ihrem vom 20. bis 22. September 1978 in Salzburg durchgeführten Mittelstandskongreß will die Bundeswirtschaftskammer neuerdings gesellschaftspolitische Initiativen setzen, nachdem erst im Mai dieses Jahres mit einem Grundsatzprogramm der Handelskammerorganisation eine gesellschaftspolitische Aktivität entfaltet worden ist. Auch das Grundsatzprogramm stellt die Mittelstandspolitik stark heraus.

Dabei wird das Verbindende an einer klein- und mittelbetrieblichen Wirtschaftsstruktur mit dem System der Sozialen Marktwirtschaft gerade in der Tatsache gesehen, daß eben dieses Wirtschaftssystem eine möglichst dezentrale Entscheidungsstruktur notwendig macht. Von diesen Zielsetzungen war auch der Salzburger Kongreß bestimmt.

Schon in seinem Grundsatzreferat ging der Präsident der Bundeswirtschaftskammer, Rudolf Sahinger, von der These aus, daß eben diese mittelständische Wirtschaftsstruktur keinesfalls eine Schwäche, sondern die Stärke einer Volkswirtschaft sei. Wer in den letzten Jahren Konjunkturschwankungen kritisch analysiert hat, kommt tatsächhch zur Feststellung, daß Volkswirtschaften mit mehr mittelständischer Produktionsstruktur Konjunkturschwankungen besser überdauern als jene, die konjunkturempfindliche Monostrukturen aufweisen.

So ist es auch verständlich, daß etwa Großunternehmen der Autoindustrie; der Stahlindustrie oder anderer Grundstoffbereiche mehr den Konjunkturschwankungen ausgesetzt sind als Sektoren, die überwiegend aus kleineren und mittleren Unternehmungen bestehen. Nehmen nun die • genannten Großüntemehmungen einer Volkswirtschaft eine zu große Bedeutung ein, werden die Auswirkungen auf den Beschäftigtenstand sich weniger leicht verhindern lassen, wie die Erfahrungen gezeigt haben.

Die Österreichische Wirtschaftsstruktur hat sich dagegen insofern als einigermaßen krisenfest erwiesen, als auch bei Vorhandensein einer Anzahl konjunkturempfindlicher Großunternehmungen das Vorwiegen der Klein-und Mittelbetriebe ein größtmögliches Ausmaß an Konjunkturreagibilität sichersteht. Darauf mag es in erster Linie zurückzuführen sein, daß wir nach wie vor nur eine kleine Arbeitslosenrate aufweisen.

Es mag ein besonderes Verdienst des Salzburger Kongresses sein, daß vor allem versucht wurde, die geistige Seite der gewerblichen Mittelstands-

struktur besonders herauszustellen: Eine Vielzahl kleinerer autonomer Betriebseinheiten gibt mehr Chance, die in der Gesellschaft breitgestreuten Fähigkeiten, Erkenntnisse und Erfahrungen optimal zu nutzen.

Es wurde in Salzburg auch der Nachweis erbracht, daß insbesondere mittlere Unternehmungen relativ viele qualifizierte Kräfte beschäftigen, daß etwa Wirtschaftsakademiker und Techniker gerade in den Mittelbetrieben sehr vielseitig verwendet werden, daß sie sich in der Bewältigung immer neuer Situationen bewähren müssen. Letztlich liegt der Vorteil dieser Unternehmen in der optimalen Anpassungsfähigkeit; die Voraussetzungen dafür müssen von der Unternehmungsleitung und den qualifizierten Mitarbeitern immer wieder erbracht werden.

Zu den langfristigen Zielen der Mittelstandspolitik, wie sie beim Salzburger Kongreß herausgearbeitet wurden, gehört die Erstellung eines jährlichen Mittelstandsberichtes (in ähnlicher

Weise wie beim Grünen Bericht für die Landwirtschaft) auf der Basis eines Mittelstandsgesetzes. Sehr stark klang bei den Arbeitskreisen die Forderung an, das vorhandene Machtpotential des Mittelstandes stärker zu mobilisieren, eine vorhandene Defensivhaltung und da und dort gegebene Resignation zu überwinden, zu „offensiven Strategien“ in der Mittelstandspohtik zu kommen.

Ein sehr konkretes Ziel ist die Forderung, gegenüber den stark differenzierten Förderungsaktionen zur Fremdmittelfinanzierung mehr die Eigenkapitalbildung herauszustellen und die steuerlichen Begünstigungen in dieser Richtung zu verstärken.

Breiten Raum nahm die Diskussion über die Fragen des Unternehmernachwuchses ein. Gerade in Salzburg wurde dabei am Beispiel der in diesem Bundesland so hoch qualifizierten Lehranstalten der Fremdenverkehrswirtschaft darauf hingewiesen, daß Unternehmernachwuchs für Mittelbetriebe sich auch aus entsprechend aufgebauten Schulsystemen ergeben kann.

In kaum einem anderen Wirtschaftsbereich ist die Zunahme der Klein- und Mittelbetriebe in den letzten Jahrzehnten so stark gewesen wie in diesem Bereich. Ein wachsender Anteil der Selbständigen in der Fremdenverkehrswirtschaft kommt aus diesen Schulen.

Beim Mittelstandskongreß wurde überhaupt deuthch, daß viele der geforderten Aktivitäten schon weithin in Gang sind, daß es mehr um eine Verstärkung und Intensivierung vorhandener Zielsetzungen und Aktivitäten gehe als um einen Neubeginn. Dies gilt gewiß auch für die vielfältigen Beratungsaufgaben, wie sie von den Handelskammern zum Teil gemeinsam mit außenstehenden Experten etwa im Bereich der Umwelt- und Energieberatung durchgeführt werden.

Hier geht es vor allem um eine Verstärkung der entsprechenden Beratungsaufgaben zugunsten der Klein-und Mittelbetriebe: Auch für diese wird es immer wichtiger, bei neuen Investitionen zur Betriebserweiterung oder Neuansiedlung von Betrieben über die einschlägigen Fragen des Umweltschutzes und des optimalen Einsatzes bestimmter Energieformen informiert zu werden. Angesichts der Vielzahl der an sich gegebenen Förde-rungs- und Finanzierungsmöglichkeiten kommt es auch immer mehr darauf an, rechtzeitige Beratungsaufgaben in Zusammenarbeit der Handelskammer und der Kreditwirtschaft bzw. der Förderungseinrichtungen wahrzu-npimen.

Beim Salzburger Mittelstandskongreß wurden zwar vorwiegend Fragen des gewerbhchen Mittelstandes behandelt, es wurde aber immer wieder herausgestellt, daß sich eben diese Mittelstandsgruppen nur als Teil eines größeren Ganzen verstehen: So wurde verlangt, daß insbesondere jene. Organisationen, die Selbständigengruppen vertreten, die weithin zum Mittelstand gehören, mehr als bisher zusammenarbeiten sollen. Damit waren vor allem die Kammern der Freien Berufe wie Ärzte, Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftstreuhänder, Ingenieure und Architekten gemeint, dann aber vor allem auch die Organisationen der Landwirtschaft.

Angesichts der vielfältigen Bedrohungen, denen die verschiedenen Gruppen des Selbständigenmittel-standes ausgesetzt seien, sollte diese Zusammenarbeit auf eine viel breitere Ebene gestellt werden. Es sollte „das Gemeinsame gesucht, das Trennende diskutiert“ werden.

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