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Kleine sind erfinderisch

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Klein- und Mittelbetriebe können besser auf die Marktveränderungen reagieren. Ihre Flexibilität und ihr Innovationsvermögen lassen sie auch in wirtschaftlich rauhen Zeiten gut über die Runden kom-rpen. Einer, der wissen muß, wovon er spricht, Länderbank-General Vranitzky, listet alle Vorteile auf, die überschaubare Unternehmen gegenüber Großbetrieben haben.

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Klein- und Mittelbetriebe können besser auf die Marktveränderungen reagieren. Ihre Flexibilität und ihr Innovationsvermögen lassen sie auch in wirtschaftlich rauhen Zeiten gut über die Runden kom-rpen. Einer, der wissen muß, wovon er spricht, Länderbank-General Vranitzky, listet alle Vorteile auf, die überschaubare Unternehmen gegenüber Großbetrieben haben.

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Die schwierige Situation der Unternehmer, die durch sich verändernde Marktbedingungen im In- und Ausland sowie durch zunehmend schwerer prognostizierbare Ereignisse beeinflußt wird, bedarf eines erhöhten Maßes an Flexibilität.

Es zeigt sich, daß einerseits der Markt im Inland wie im Ausland zunehmend von "Konkurrenten der aufstrebenden Industrieländer aktiv und vielfach bereits aggressiv bearbeitet wird, andererseits gehen aufgrund von internationalen Einkommensumverteilungen und von Zahlungsschwierigkeiten Absatzmärkte verloren.

Anpassung setzt somit Flexibilität voraus. Flexibilität unter dem Begriff Marktorientierung bedeutet, speziell in den davon betroffenen Wirtschaftsbereichen, die Umstellung auf zukunftsorientierte Produkte rechtzeitig vorzunehmen.

Für uns von besonderem Interesse ist die Frage nach der Marktorientierung österreichischer Unternehmen. Einige Bespiele für Marktorientierung und dem daraus resultierenden Produktangebot:

• Ein in Oberösterreich beheimatetes Unternehmen erzeugt seit einigen Jahren Modalfasern, woraus" ein baumwollähnliches Mischgewebe von hoher Qualität gefertigt wird. Hand in Hand mit diesem nachfrageintensiven Produkt ergaben sich für das Unternehmen folgende Vorteile:

Ein nicht mehr gängiges Produkt wurde abgebaut;

es ergab sich eine wesentlich geringere Umweltbelastung, da aus dem Abwasser Nebenprodukte, im konkreten Fall Essigsäure und Furfurol gewonnen werden;

diese Produkte, die normalerweise für den Eigenbedarf produziert werden, werden mit sehr guten Absatzchancen exportiert -und dies ohne zusätzliche Rohstoffkosten;

die zur Herstellung und Bearbeitung notwendigen Maschinen werden nicht nur für den Eigengebrauch, sondern auch für den direkten Verkauf erzeugt, erfreulicherweise in Serienproduktion. % Eine österreichische Hoch-, Tief- und Straßenbauunternehmung hat sich unter anderem darauf spezialisiert, ein Recycling-Verfahren zur Regeneration von Fahrbahnbelägen zu entwickeln. Damit ist ein Produktionszweig auch in Zeiten geringerer Bautätigkeit voll ausgelastet, und - da umweltfreundlicher, rascher und mit geringen Kosten belastet -der Konkurrenz überlegen.

Darüber hinaus können mit dem Produkt „Spezialbeläge** (zum Beispiel für Sportplätze) neue Absatzmärkte erschlossen werden.

• Ein österreichisches Unternehmen der elektrischen Industrie erzielt mit einem zukunftsorientierten Produktionszweig, nämlich der Mikroelektronik, Erfolge. Durch das rechtzeitige Engagement in der Weltraumforschung konnte es 1982 einen Auftrag der europäischen Weltraumbehörde (ESA) über Lieferung von Teilen für die elektronische Bodenausrüstung für das L-SAT-Pro-gramm erhalten.

Derzeit wird in Kooperation der sogenannte MUPID-Computer hergestellt.

Die Unternehmensstruktur unseres Landes ist vor allem durch Klein- und Mittelbetriebe geprägt. Für uns gilt es, folgendes Paradoxon zu beobachten: Klein-und Mittelbetriebe verfügen zumindest theoretisch über den Vorteil der Marktnähe: Großunternehmungen hingegen haben frühzeitig die Bedeutung systemati-scher-Marktbeobachtung und damit einer geplanten und marktorientierten Unternehmensführung erkannt.

Gegenüber den Großen haben Klein- und Mittelbetriebe einen entscheidenden Vorteil: Ihre Anpassungsfähigkeit, die bereits vorher zitierte Flexibilität. Ein Reagieren des Unternehmers auf sich ändernde Kauf gewohnheiten kann viel unmittelbarer erfolgen und die innerbetriebliche Kommunikation verläuft ohne größere Reibungsverluste.

Viele bedeutende Innovationen gehen seit Beginn dieses Jahrhunderts gerade auf das Konto von Kleinbetrieben und Erfinderpersönlichkeiten. Heutige Großbetriebe haben am Beginn der modernen Industriegesellschaft vielfach als innovative Kleinfirmen begonnen.

Bessere Organisation Zwei wesentliche Faktoren, die Kleinbetriebe gegenüber den Großen begünstigen, sind die Art und Weise, wie sie ihre Erträge erzielen sowie ihre Organisätions-struktur.

Während Großbetriebe meist wegen der Sachzwänge, der sie durch Betriebsgröße und Wettbewerb unterliegen, ihre Erträge durch Verbesserung von bereits bestehenden Produkten zu erzielen suchen, versuchen Kleinbetriebe Marktnischen auszunützen, die auch ohne kostspielige Umstellungen — wenngleich mit erhöhtem, jedoch begrenztem Risiko — Absatzchancen für neue Produkte bieten.

So kann zum Beispiel ein Kleinbetrieb erfolgreich Kapselverschlüsse mit hohem Exportanteil produzieren, da von den Großbetrieben dieses Marktsegment wegen zu kleiner Serien vernachlässigt wurde.

Ein anderes kleines österreichisches Unternehmen ist weltweit erfolgreich mit der Erzeugung von Plastikaufklebern.

Kleinere Betriebe können unter anderem deshalb erfolgreich agieren, da sie flexibel im Ansprechen auf neue Bedürfnisse und in der Nutzbarmachung neuer Ideen sind. Großbetriebe hingegen verfügen über hierarchische Management-Strukturen mit wohldefinierten und organisierten Kompetenzen, die sich nicht selten hemmend auswirken.

Beispiel Silicon Valley In den USA gibt es das wohl bekannteste Beispiel für die Tatsache, wie Klein- und Mittelbetriebe in enger Zusammenarbeit mit Hochschulen neue Technologien hervorbringen:

Im bekannten Silicon-Valley sind heute über zweitausend Pionierunternehmen führend in der Mikroelektronik. Beginnend mit dem ersten Transistorerzeugungsbetrieb im Jahr 1956, haben sich immer neue Töchter entwik-kelt, die heute als zum Teil weltberühmte Sprößlinge alle paar Wochen neue Produkte auf den Weltmarkt werfen und sie millionenfach verkaufen (zum Beispiel Apple-Computer; Visicorp, die den Personalcomputer vom Hobby- zum Bürocomputer entwik-kelten).

Wenn auch die Kleinbetriebe der USA nicht unmittelbar mit den österreichischen vergleichbar sind, so gibt es doch ähnliche Strukturen, die auf viele österreichische Unternehmen zutreffen.

Technologische Veränderungen sind somit nicht das Monopol von auf der Basis der „economics of scale" arbeitenden . Großforschungseinrichtungen, von Staaten, Universitäten und multinationalen Unternehmen, sondern können sehr wohl auch von Kleinbetrieben initiiert werden.

Da auch für den Kleinbetrieb der wirtschaftliche Erfolg, ein weltweit nachgefragtes Produkt zu entwickeln, von den dynamischen Wettbewerbsbedingungen abhängt, müssen diese ihr ganzes Leistungspotential nicht nur entwickeln, sondern auch risikobewußt einsetzen.

Auszug aus einem Vortrag, den Dr. Franz Vranitzky, Generaldirektor der österreichischen Länderbank, Ende Mai im Rahmen der „Wissenschaftlichen Jahrestagung des Verbandes der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft" an der Wirtschaftsuniversität in Wien gehalten hat.

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