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Knauserei beim Sparen

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Von den verfügbaren Nettoeinkommen der privaten Haushalte in Höhe von etwa 608 Mrd. S im Jahr 1980 wurden rund 550 Mrd. S direkt für Konsumausgaben aufgewendet, der nicht-konsumierte Teil von 59 Mrd. S, oder 9,8 Prozent des verfügbaren Einkommens, wurde gespart (sei es auf Sparkonten oder in Form von Wertpapieren).

Diese Quote von 9,8 Prozent hat sich gegenüber 1979 empfindlich zurückgebildet; damals noch

wurden 11,3 Prozent der verfügbaren Nettoeinkommen auf die hohe Kante gelegt. Die jüngste Wirtschaftsprognose des Wirtschaftsforschungsinstituts läßt eine weitere Verminderung für 1981 auf etwa 9,5 Prozent erwarten und läge damit deutlich unter dem längerfristigen Durchschnitt.

Ende Juli standen gemäß den Statistiken der österreichischen Nationalbank Kredite in Höhe von 824,7 Mrd. S Gesamteinlagen

in Höhe von 740,4 Mrd. S gegenüber. Die inländische Geldkapitalbildung hinkt also nach wie vor beachtlich hinter den Kreditwünschen der öffentlichen Hand und der Wirtschaft hinterher.

Während dieser Fehlbetrag Mitte der siebziger Jahre regelmäßig „lediglich" durchschnittlich 50 Mrd. S ausmachte, so schnellte er 1980 auf 86 Mrd. S hinauf und hat sich leider auf hohem Niveau stabilisiert.

Während die wirtschaftliche Entwicklung aufgrund der Einkommensentwicklung der Spar-

kapitalbildung ein gewisses Limit setzt, kommt es in bestimmten Bereichen bereits zu Entspar-Prozessen, das heißt, Spareinlagen werden aufgelöst und dem Konsum zugeführt. Dies geschieht aus einem weiteren Grund: Da Kredite derzeit knapp und teuer sind, werden in manchen Fällen statt Kreditaufnahmen Abhebungen getätigt.

Andererseits verfolgt die österreichische Notenbank aus stabilitätspolitischen Gründen nach wie vor einen restriktiven Kurs, die Geldkapitallücke wird nicht mehr

- wie das früher in gewissem Ausmaß der Fall war - durch notenbankpolitische Operationen aufgefüllt. Diese mangelnde Geldkapitalbildung und damit verbundene beschränkte Krediterteilungsmöglichkeiten des Kreditapparates haben zwangsläufig auch negative Auswirkungen auf die österreichische Volkswirtschaft, insbesondere auf die im Sinne eines Strukturwandels so notwendige Investitionstätigkeit zur Ankurbelung der Konjunktur.

Diese wird ja — wie das Wirtschaftsforschungsinstitut jüngst in einer revidierten Prognose feststellen mußte—noch etwa länger auf sich warten lassen als ursprünglich angenommen.

Alles in allem also kein sehr erfreuliches Szenario für den herankommenden Weltspartag. Vielleicht aber eine Chance und eine Möglichkeit, aus Anlaß dieses Tages wieder einmal die volkswirtschaftliche Bedeutung des Sparens im weitesten Sinn zu beleuchten, und zwar nicht nur als „Tugend", sondern vor allem auch als volkswirtschaftliche Notwendigkeit, das Sparen im Sinne der optimalen Einsetzung unserer knappen bzw. immer knapper werdenden Ressourcen.

Für das Geldkapital bedeutet das: Finanzierung zukunftsweisender Projekte anstatt — aus welchen Gründen immer — Geld in Unternehmungen und Projekte zu stecken, von denen mani^n vorhinein weiß, daß sie strukturkonservierenden, verschleppenden oder problemübertünchenden Charakter haben.

Sparen sollte sich aber nicht nur auf das Sparen im landläufigen Sinn beschränken, sondern auch andere Bereiche erfassen, etwa das Sparen im Sinne der unternehmerischen Vorsorge, also die so notwendige Bildung von Eigenkapital, von Reserven und Rücklagen. Denn diese Polster sind es, die in konjunkturell schlechteren Zeiten das Durchtauchen erlauben bzw. den österreichischen Unternehmungen die notwendigen innovatorischen Impulse ermöglichen.

Daher könnte beispielsweise , auch anläßlich dieses Weltspartages der Appell an die Wirtschaftspolitiker ergehen, endlich Maßnahmen zu setzen, den sinkenden Eigenkapitaltrend in Österreich zu stoppen bzw. einen Umkehrprozeß einzuleiten.

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