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Kommt die Forschung ohne Tierversuche aus?

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Tierversuchen muss Einhalten geboten werden.

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Tierversuchen muss Einhalten geboten werden.

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Es waren einige unnötige Tierversuche und der Protest einiger Studenten dagegen, die den Anstoß zur Diskussionsreihe „Medizin und Ethik“ gaben. Der Tierversuch und seine allzuhäufige Anwendung sind symptomatisch für die heutige Situation der medizinischen Schule, die ihr Hauptaugenmerk auf die chemische Therapie legt, Symptome behandelt und dabei die psychosomatische Betreuung weitgehend außer acht läßt.

Die beiden prinzipiellen Gegner von Tierversuchen unter den Diskutanten am Podium zeigten immer wieder die Notwendigkeit der Behandlung des Menschen innerhalb seiner gesamten Umwelt auf und behaupteten, daß Hunderte von Medikamenten an abertausenden Tieren getestet werden, obgleich bereits genügend gleichwertige Präparate zur Verfügung stünden.

Einig war man sich darin, daß es keineswegs nur sinnvolle Tierversuche gibt, obwohl sie bereits so teuer sind, daß man sich vorher genau überlegt, ob sie gerechtfertigt sind oder nicht. Daß auch das seit 1974 gültige Tierversuchsgesetz - eine Pionierleistung Österreichs auf diesem Gebiet - zumindest noch nicht voll zum Tragen kommt, wurde von Studenten und Assistenten bestätigt, die auch von sinnlosen Versuchen auf Universitätsboden sprachen.

Daß diesem Vorgehen Einhalt zu gebieten sei, war einheitliche Meinung, freilich fehlten bei der Diskussion die „Großunternehmer der Tierversuche“, die pharmazeutische und kosmetische Industrie. Im Ausland arbeitet auch die Rüstungsindustrie mit Tieren.

Der Schweizer Arzt Balz Widmer umriß das Problem, er meinte, es sei eben ein großer Unterschied, ob ein Tier angstfrei getötet werde, oder ob es womöglich durch lange Zeit leiden müsse; er brauche dem Forum nicht den Unterschied zwischen Tod und Folter zu erklären.

Natürlich wird auch am Menschen experimentiert, weil der Tierversuch den Einsatz von Medikamenten am Menschen nur vorbereiten kann, aber auch, weil manche Medikamente wie Psychopharmaka eben nur am Menschen getestet werden können.

Nur der Neurologe Herbert Stiller aus Hannover sprach sich gegen jeden Tierversuch aus, gab aber zu, daß auch er Erkenntnisse ausnütze, die man früher an Hand von Tierversuchen gewonnen habe. Er trat für eine ganzheitliche Behandlungsmethode ein, für die sich kaum ein Arzt in Österreich Zeit nimmt. Aber auch dieser Ansatz hat seine Grenzen, etwa in der Frage der Impfungen. Impfstoffe müssen immer wieder an Tieren auf ihre Wirksamkeit überprüft werden, da es kaum zu vertreten wäre, Menschen an Pocken, Tetanus oder Keuchhusten erkranken zu lassen, um Tierversuche mit Impfstoffen gegen diese Infektionen zu vermeiden.

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