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Komplicen

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Ende September wird also der parlamentarische Immunitätsausschuß über die Auslieferung des Fred Sinowatz entscheiden.

Die Debatte über die Immunität hat sich den ganzen Sommer hingezogen, sozialistische Spitzenpolitiker erklärten, daß der Beschluß über eine Auslieferung die Koalition gefährden könnte.

Ex-Kanzler Fred Sinowatz wurde bekanntlich vom Gericht bescheinigt, vor Gericht gelogen zu haben: .Jteiner hat so nachweisbar und wiederholt die Unwahrheit gesagt wie der Privatangeklagte Sinowatz“, stellte der Richter Ernest Maurer vor etwa einem Jahr fest.

In der Auseinandersetzung um die Immunität wird vor allem mit dem formalen Argument hantiert, daß die einstige Zeugenaussage des Fred Sinowatz im Zusammenhang mit seiner politischen Tätigkeit gefallen sei. Damit sei eine Auslieferung ausgeschlossen.

Das Formale spielt in der Demokratie eine entscheidende Rolle, und die von der Linken kommende Abquali-fizierung der „bloß formalen Demokratie“ ist nicht ungefährlich. Bedenklich aber stimmt in dieser Diskussion, daß die Befürworter der Nichtauslieferung einen anderen formalen Aspekt völlig ignorieren: daß ein Abgeordneter nämlich selbstverständlich nicht außerhalb des Gesetzes steht, daß für ihn dieselben Gesetze gelten wie für den gewöhnlichen Bürger.

Die Verteidigung der Institution Immunität sollte nicht zu dem Irrtum verführen, der Schutz der A bgeordneten sei höher zu bewerten als die Gleichheit vor dem Gesetz. Der Beruf des Politikers ist ja nicht mit dem Freibrief verbunden, vor Gericht zu lügen.

Politische Kollegialität hat ihre Grenzen, und wenn der sozialistische Klubchef Heinz Fischer die Volkspartei als Koalitionspartner an ihre Loyalität erinnert, dann kommt das einem Aufruf zur Komplizenschaft gleich.

Die Institutionen sind wichtig, und man soll nicht so tun, als ob es nun darum ginge, die Immunität an sich abzuschaffen. Der Volksvertreter soll durchaus geschützt sein, wenn er das Volk vertritt und für seine Wähler agiert. Aber er soll zur Verantwortung gezogen werden, wenn er als parteipolitisch Handelnder das Gesetz verletzt.

Noch einmal: Nichts gegen Institutionen und ihre Bedeutung in einer Demokratie, ob es sich nun um Immunität oder Parteien handelt. Nicht ganz unwesentlich ist aber auch die vertrauensbildende Kraft der Persönlichkeit.

Und damit hapert's in unserer Demokratie.

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