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Kondome als Wundermittel?

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Da höre sich wirklich alles auf, wurde mir vorige Woche zweimal in Gesprächen dezidiert er- klärt. Der Grund für die Entrüstung: Wieder habe der Papst Eheleuten die Verwendung von Kondo- men verboten, selbst wenn einer der Partner Aids habe. Auch Hubert Feichtlbauer geht in dieser Frage jegli- ches Verständnis ab: „Sol- che Mittel (Pille und Kon- dom) selbst Eheleuten mit Aids zu verwehren, ist ex-

treme Inhumanität. Hinter solcher Lehre steht nicht ein Gott der Barmherzig- keit und auch nicht ein Gott ewiger Weisheit, sondern ein Großmogul hinter Gewitterwolken...", schreibt er in FURCHE 37/ 1990.

Ein schwerer Vorwurf - der Papst offenbar ein Göt- zendiener. Oder vielleicht doch nicht? Wie ist das doch mit der vielgerühmten Si- cherheit von Kondomen tat- sächlich?

Erst kürzlich las ich eine Studie, die diesem Verhü- tungsmittel nicht gerade ein gutes Zeugnis ausstellt: In einer Familienplanungskli- nik wurden 200 Englände- rinnen, die mittels Kondo- men verhütet hatten, ge- fragt, wie sie deren Zuver- lässigkeit beurteilten. Die Antwort wird den Kondom- befürwortern keine Freude

machen, denn 52 Prozent berichteten, in den vorher- gegangen drei(!) Monaten Pannen mit dem Ding er- lebt zu haben. Welche Si- cherheit das bei Daueran- wendung wohl bedeuten mag?

Zu ähnlichen Ergebnis- sen gelangen auch all jene Untersuchungen, die die Zuverlässigkeit von Verhü- tungsmitteln vergleichen: Kondome schneiden dabei schlecht ab. Sie waren ja auch in all den Jähret, in

denen die Pille hoch im Kurs stand, wegen ihrer vergleichsweise sehr gro- ßen Unzuverlässigkeit in Vergessenheit geraten. Erst seitdem die Angst vor Aids umgeht, wird unbegreifli- cher Weise das Kondom als „Wundermittel" der Si- cherheit gehandelt.

Dabei ist zu bedenken: Wenn schon relativ viele Schwangerschaften (sie stellen sich nur bei Verkehr während der wenigen fruchtbaren Tage des Zy- klus ein) auf die Mängel von Kondomen zurückzufüh- ren sind, um wieviel größer ist die Ansteckungsgefahr bei Aids. Sie ist bei jeder Panne gegeben.

Auf diesem Hintergrund sollte man auch die Kritik an der „ Unmenschlichkeit" der päpstlichen Äußerung sehen. Was bedeutet denn die Kondomempfehlung im

Grunde genommen? Aus- formuliert heißt das: Hat ein Ehepartner Aids, so möge er riskieren, den an- deren anzustecken - und zwar mit einer tödlichen Krankheit, gegen die es heute kein Heilmittel gibt.

Man kann sich auch gut ausmalen, wie erfüllend solche sexuelle Begegnun- gen sein müssen, wenn die Angst vor der Panne jedes- mal das Geschehen beglei- tet. Und selbst wenn der gesunde Partner einwilli-

gen sollte, mit diesem Risi- ko zu leben: Dürfte ein wirklich liebender - sich für das Wohl des Partners verantwortlich fühlender - Ehegatte den anderen ei- ner lebensgefährdenden Bedrohung aussetzen?

Oder anders herum. Wer würde einem Freund ra- ten, weiterhin sein Auto zu benützen, wenn der Mecha- niker gerade festgestellt hat, daß die Wahrschein- lichkeit, in den nächsten drei Monaten einen tödli- chen Unfall zu haben, 52 Prozent beträgt?

Ich glaube zu wissen, was derbarmherzige Gott Aids- Kranken nahelegt: Ver- zicht auf Geschlechtsver- kehr um des Wohls des gesunden Partners willen. Das ist die eigentlich hu- mane Lösung.

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