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Kongreß gegen den geistigen Diebstahl

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Am 7. und 8. Mai fand in Salzburg zum zweiten Mal ein Urheberrechtskongreß statt. Dabei wurden die Einführung einer Reprographieabgabe, ein Folgerecht für bildende Künstler und eine Änderung des Filmurheberrechts gefordert. Ein „Österreichischer Kulturfonds" soll einen Ausgleich zwischen Markt und zeitgenössischem Kunstschaffen bewirken.

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Am 7. und 8. Mai fand in Salzburg zum zweiten Mal ein Urheberrechtskongreß statt. Dabei wurden die Einführung einer Reprographieabgabe, ein Folgerecht für bildende Künstler und eine Änderung des Filmurheberrechts gefordert. Ein „Österreichischer Kulturfonds" soll einen Ausgleich zwischen Markt und zeitgenössischem Kunstschaffen bewirken.

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Neue technische Möglichkeiten verändern auch die Produktionsbedingungen und Verwertungsmöglichkeiten von Literatur, Musik und Bildender Kunst. Das Urheberrecht kann immer nur versuchen, die Entwicklung möglichst schnell einzuholen. Der Salzburger Urheberrechtskongreß und die kommende Gesetzesnovelle sind ein Versuch in diese Richtung.

Noch bis ins 19. Jahrhundert hinein mußten sich Komponisten, Bühnenautoren und Schriftsteller persönlich um die schnellstmögliche Verbreitung ihrer Werke kümmern, damit die Einnahmen auch wirklich ihnen zugute kamen. Denn der Gedanke, daß geistiges Eigentum ebenso wie materielles vor unrechtmäßigem Gebrauch zu schützen sei, konnte sich erst ab 1791 im Gefolge der französischen Revolution durchsetzen.

Deutschland hat 1965 als weltweit erster Staat der Tatsache Rechnung getragen, daß die massenweisen Kopiermöglichkeiten (damals ging es noch um die Tonbandgeräte) nicht zu verbieten, sondern durch einen pauschalen Vergütungsanspruch für die Autoren zu regeln sind. Dieser Grundsatz hat sich inzwischen nahezu europaweit durchgesetzt, er steht auch hinter der in Österreich zu erwartenden Reprographieabgabe.

Heute ist weltweit ein Kampf zwischen dem europäischen Urheberrechtssystem, das den Erzeuger eines Werkes schützt, und dem amerikanischen Copyrightsystem, das vom Produzentenschutz ausgeht, im Gange; es geht dabei vor allem auch um den Software-Bereich. Mit welcher Brutalität dieser Kampf von seiten Amerikas geführt wird, erläutert Ferdinand Melichar, Geschäftsführender Vorstand der deutschen Verwertungsgesellschaft VG Wort und derzeit Weltpräsident der Verwertungsgesellschaften, anhand der Situation in den ehemals kommunistischen Ländern, die ihr Urheberrecht neu regeln:

„Die Amerikaner, Hollywood und die Tonträgerproduzenten haben in allen Hauptstädten bereits Büros eingerichtet oder Anwaltsbüros beauftragt mit massiver Lobby, die versuchen diese Länder auf das Copyrightsystem hinzutrimmen, und zwar mit ganz massiven Drohungen. Die sagen, wenn ihr das nicht mitmacht, nicht den Produzentenschutz in den Vordergrund stellt, dann werden sonstige Sanktionen getroffen -Stichwort GATT zum Beispiel, da spielt das auch eine Rolle. Das geht so weit, daß die Amerikaner sagen, wenn ihr nicht unsere Urheberrechte akzeptiert, dann kommen Sanktionen zum Beispiel auf dem Gebiet der Landwirtschaft."

Das geltende österreichische Urheberrecht datiert aus dem Jahr 1936 und war damals in vieler Hinsicht eine Pionierleistung. „Urheber eines Werkes ist, wer es geschaffen hat", steht schon in Paragraph 1. Im Filmbereich allerdings gilt diese Grundregel nicht: Die Verwertungsrechte an gewerbsmäßig hergestellten Filmen stehen nur dem Filmhersteller, nicht aber den beteiligten Künstlern zu („cessio legis"), was in der Praxis dazu führt, daß sie auch an der Kabel- oder Satellitenvergütung nicht partizipieren.

Diese krasse Benachteiligung soll, wie auf dem Salzburger Urheberrechtskongreß gefordert, in der kommenden Gesetzesnovelle aufgehoben werden. Wenn darin auch das Folgerecht für die bildenden Künstler gesichert und die Reprographieabgabe festgelegt wird, steht Österreich wieder an der Spitze der urheberrechtfortschrittlichen Länder. Wenn es sich als Kulturland nicht bloß an der Vergangenheit orientieren will, ist das von großer Bedeutung.

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