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Konjunktur-Heurigensanger

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„Guat is ganga, nix is gschehn“, dies ist der Tenor der neuesten Enunziationen der Regierung. Die internationale Konjunktur sei wieder im Aufschwung und Österreich werde davon profitieren — womit alle Schwierigkeiten ihr Ende haben werden. Die Monsterdefizite des vorjährigen und diesjährigen Budgets seien sozialpolitische Großtaten, welche uns eine größere Arbeitslosigkeit erspart hätten und weiterhin ersparen würden. Die Inflation sei rückläufig, wobei Bundeskanzler Kreisky stolz verkündet, er hoffe in diesem Jahr sein „Traumziel“ von „nur“ 7,5 Prozent Inflation zu erreichen. Ein wahrhaft bescheidenes Ziel, wenn in der benachbarten Schweiz eine Inflationsrate von zwei bis drei Prozent bereits Realität ist!

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„Guat is ganga, nix is gschehn“, dies ist der Tenor der neuesten Enunziationen der Regierung. Die internationale Konjunktur sei wieder im Aufschwung und Österreich werde davon profitieren — womit alle Schwierigkeiten ihr Ende haben werden. Die Monsterdefizite des vorjährigen und diesjährigen Budgets seien sozialpolitische Großtaten, welche uns eine größere Arbeitslosigkeit erspart hätten und weiterhin ersparen würden. Die Inflation sei rückläufig, wobei Bundeskanzler Kreisky stolz verkündet, er hoffe in diesem Jahr sein „Traumziel“ von „nur“ 7,5 Prozent Inflation zu erreichen. Ein wahrhaft bescheidenes Ziel, wenn in der benachbarten Schweiz eine Inflationsrate von zwei bis drei Prozent bereits Realität ist!

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Im Fernsehen bestätigt ein 'redefreudiger Professor der Regierung wunschgemäß, daß die enorme Verschuldung konjurokturpöli tisch richtig sei und daß ein Drittel des zukünftigen Zuwachses des National-produkts genügen werde, um das jährliche Defizit allmählich auf ein erträgliches Maß zu verringern — vorausgesetzt freilich, der neue Boom kommt auch wirklich und fällt entsprechend kräftig aus. Vom Schuldenabbau ist selbstverständlich nicht die Rede.

Die internationale Konjunktur, auf die sich unsere Heurigensänger berufen, ist vorläufig auf die USA und einige EG-Staaten beschränkt. Lediglich in dieser Relation steigen die österreichischen Exporte, welche in den BFTA- und COMECON-Staaten nach wie vor stagnieren.

Auch die Dauer der Konjunktur ist ungewiß. In den USA und in der Bundesrepublik Deutschland finden bekanntlich in diesem Jahr Parla-mentswahlen statt. Aus einem solchen Anlaß pflegen die jeweiligen Regierungen aus allen Konjunkturrohren zu schießen — was, wenn es sich um wirtschaftlich potente Nationen handelt, auch den übrigen Staaten zugute kommt. Aber wie wind es nach den Wahlen aussehen? Wird dann alles Konjunkturpulver bereits verschossen sein?

Der neue Konjunkturaufschwung ist bereits am Start mit einer hohen Inflationsrate belastet, und der leichte anfängliche Nachfrageanstieg hat schon eine Hausse bei den Rohstoffpreisen ausgelöst, die die Großhandelspreise klettern läßt und sich sehr bald auch auf den Verbraucherpreisindex auswirken wird. Neue Inflationsstöße werden daher die Industriestaaten sehr bald zu neuen Restriktionsmaßnahmen und damit zur Drosselung der Konjunktur zwingen. Damit kann aber der internationale Boom auch schon zu Ende sein, ehe er richtig begonnen hat.

Ob ein so rachitischer Boom Österreich aus seiner Budgetmisere und seinen künstlich verdeckten Nachfrageschwächen helfen kann? Der laut hinausposaunte Exportanstieg im März von 22 Prozent reduziert sich laut Wirtschaftsforschungsinstitut auf 9 Prozent, zieht man den verschobenen Ostertertmin in Betracht. Aber selbst die 22 Prozent nehmen sich nicht mehr so imposant aus, stellt man ihnen die 57 Prozent Importzunahme gegenüber. Das schon bisher umfangreiche Außenhandelsdefizit explodiert neuerlich.

Das Fatale dabei ist, daß real die Importe nur um 26 Prozent gestiegen sind — der Rast des Zuwachses erklärt sich aus Preiserhöhungen.

Hingegen ist bei den österreichischen Exportpreisen sogar eine leicht sinkende Tendenz zu verzeichnen. Die „terms of trade“ — die Relation zwischen Export- und Importpreisen — hat sich im Lauf eines Jahres für Österreich um nicht weniger als 4 Prozentpunkte verschlechtert und wird sich voraussichtlich in den nächsten Monaten noch empfindlich verschlechtern.

Dies aber bedeutet, daß wir Österreicher 'immer mehr exportieren müssen, um die lebensnotwendigen Importe bezahlen zu können. Das aber hat zur Voraussetzung, daß wir unsere internationale Kontourrenzposition beibehalten und sogar noch verbessern.

Gerade mit der Konkurrenzfähigkeit steht es nicht zum besten. Die Produktionskosten sind in Österreich in letzter Zeit infolge von Steuer-und Tariferhöhungen, aber auch infolge der immer höheren Arbeits-kosten ständig gestiegen. Speziell bei Lahnneberikosten nimmt Österreich eine internationale Spitzenposition ein. Und mit Beginn des kommenden Jahres werden die diversen Ur-laubsiverbesserungen — welche zuletzt auch noch von der Opposition im Kielwasser der Regierungspolitik vehement gefordert wurden — abermals zu einem sprunghaften Anstieg der Lahnnebenkosten führen. Auch die regulären Löhne steigen in Österreich noch immer bedeutend stärker als beispielsweise in der Schweiz oder in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Dulliäh-Stimjmiung, welche die Regierung gegenwärtig verbreitet, führt aber dazu — und das ist das Gefährliche daran — daß die Ldzita-tionspolitiker in ihrer eigenen Partei, aber auch in der Opposition, schon wieder Aufwind spüren und neue Forderungen vorbereiten — und das in einer Zeit des schwer ramponierten Budgets und Außenhandels. Eine solche Politik ist aber am besten dazu geeignet, Österreich bei einem internationalen Konjunkturaufschwung — sollte ein solcher mit genügender Relevanz und Dauerhaftigkeit stattfinden — den Anschluß verpassen zu lassen.

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