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Konkurrenz zur Kirche?

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Das einst so mächtige Freimau-rertum in Großbritannien sieht sich gegenwärtig Angriffen von vielen Seiten der Gesellschaft ausgesetzt. Übertriebene Geheimhaltung und Geheimbündelei, Idolatrie und korrupte Praktiken sind Schlagworte, die in der öffentlichen Meinung mit den Logen in Verbindung gebracht werden. Im letzten September hat das Innenministerium Richtlinien für die Einheiten der Metropolitan-Polizei mit der Empfehlung herausgegeben, sich der Freimaurerei fernzuhalten, als Mitglieder würde deren Unparteilichkeit in

Frage gestellt. Aus denselben Befürchtungen wird die größte Angestelltengewerkschaft, Nalgo, beim nächsten Verbandskongreß kommenden September einen Vorschlag einbringen, der Mitgliedern vom Beitritt zur weltgrößten geheimen Bruderschaft abrät.

Die katholische Kirche bleibt bei der grundsätzlichen Ablehnung unter Exkommunikation, obwohl die angelsächsische Freimaurerei keineswegs jenen areligiösen Charakter trägt wie in vornehmlich katholischen Ländern. Als erste protestantische Konfession haben Großbritanniens Methodisten das Freimaurertum Mitte Juni als unvereinbar mit dem christlichen Glauben erklärt.

„Obwohl die Freimaurerei behauptet, keine Religion oder religiöse Bewegung zu sein, enthalten ihre Riten religiöse Praktiken. Es ist klar, Freimaurertum mißt sich mit dem Christentum!” Reverend Beck, Geschäftsführer der Methodistenkirche, sieht die Diskrepanz von Christentum mit Freimaurerei in zwei prinzipiellen Erscheinungen: Erstens im verschlossenen und exklusiven Charakter der Bruderschaft, während sich eine christliche Kirche allen Menschen öffnet. Zweitens könne die theologische Sprache der Logen von einem Christen nicht ohne weiteres übernommen werden, ohne mit den Grundlagen seiner Religion in Gewissenskonflikt zu geraten.

Die anglikanische Kirche hat einen Bericht über ihr Verhältnis zur Freimaurerei für die nächstjährige Generalsynode in Auftrag gegeben. In der Staatskirche mit einem hohen Anteil von Logenmitgliedern am Klerus ist die kritische Einstellung zur Bruderschaft offensichtlich neueren Datums. Eine starke, mit dem Freimaurertum sympathisierende

Gruppe hat sich im Anglikanis-mus erhalten. Fred Howle, Erz-diakon von Bolton, der sich nach seiner baldigen Pensionierung ausschließlich caritativen Organisationen der Logen zu widmen gedenkt, hält den laizistischen Humanismus der Gemeinschaft für die beste Grundlage und Unterstützung des religiösen Glaubens, ohne allerdings mit dieser Auffassung bei den Vorgesetzten auf Zustimmung zu stoßen.

Strikte Geheimhaltung

Heute ist der Anklang der Geheimgesellschaft in der Bevölkerung im Vergleich zur Jahrhundertwende deutlich zurückgegangen. Nur mehr wenige Politiker gehören gegenwärtig einer Loge an. Das Königreich zählt schätzungsweise eine halbe Million Freimaurer, mit den Inseln und Irland könnte eine Million, etwa ein Sechstel der Mitglieder auf der ganzen Welt, erreicht werden. Im Zeitalter der Aufklärung breitete sich die Bruderschaft von England aus in die Länder des heutigen Commonwealth und in Ubersee aus. Adel und Hochadel spielten seit dem 18. Jahrhundert eine führende Rolle, schließlich auch das Königshaus. Das prominenteste Mitglieder der Royais ist heute der Herzog von Kent, seines Zeichens Großmeister der „United Grand Lodge” (Vereinigten Großloge).

Gegen Methodisten und andere Opponenten setzen sich die Freimaurer zur Wehr: Man begnüge sich mit der Wiederholung alter Vorurteile, statt sich mit dem Wesen der Bruderschaft auseinanderzusetzen. Gerade das wird jedoch durch die strikte Geheimhaltung der Betroffenen schwer, wenn nicht gar unmöglich gemacht.

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