7072379-1993_06_01.jpg
Digital In Arbeit

Kontinent ohne Hoffnung

19451960198020002020

Die zehnte Reise von Johannes Paul II. nach Afrika gilt einem Kontinent, der fast nur mehr durch Bürgerkriege, Hunger, Seuchen und Vertreibung in die Schlagzeilen gerät. Nach Aufenthalten in Benin und Uganda wird der Papst im Sudan mit dem Konflikt zwischen Christentum und Islam konfrontiert.

19451960198020002020

Die zehnte Reise von Johannes Paul II. nach Afrika gilt einem Kontinent, der fast nur mehr durch Bürgerkriege, Hunger, Seuchen und Vertreibung in die Schlagzeilen gerät. Nach Aufenthalten in Benin und Uganda wird der Papst im Sudan mit dem Konflikt zwischen Christentum und Islam konfrontiert.

Werbung
Werbung
Werbung

Mit dem Aufenthalt in der sudane-sichen Hauptstadt Khartum besucht Papst Johannes Paul II. einen Staat, der seit 1955 vom Bürgerkrieg zwischen dem islamisch-arabisierten Nordteil und dem animistisch-schwarzafrikanischen Südteil erschüttert ist. Der Süden wird von einer christianisierten, überwiegend katholischen Elite geführt, wodurch der Eindruck entstanden ist, es handle sich um einen Krieg zwischen Islam und Christentum, und tatsächlich ist diese religiöse Komponente ein wesentlicher Aspekt des Krieges der Sklavenhalter des Nordens gegen die Völker des Südens in diesem flächenmäßig größten Staat Afrikas mit seinen rund 22 Millionen Einwohnern.

Von 1973 bis 1983 herrschte Friede, und innerhalb des seinerzeitigen säkularistisch-sozialistischen Staats-gefüges waren die Südsudanesen an den Regierungsgeschäften beteiligt. Doch die vom damaligen Militärdiktator Numeiri angestrebte „nationale Versöhnung” brachte die militanten Islamisten zurück ins Land und an die Macht. Als sie 1983 die Einführung der archaischen Gesetze (shari'a) aus der Frühzeit des Islam durchsetzten, blieb den Südsudanesen unter John Garang, einem in den USA promovierten Armeeoberst, keine Wahl, als wieder in den Busch zu gehen.

Was sich hier abspielt, ähnelt in vieler Hinsicht dem Krieg in Bosnien; denn auch die Nordsudanesen betreiben „ethnische Säuberungen”, die auf einen Genozid an den Dinkas hinauslaufen. Die Dinkas sind mit drei Millionen Menschen nicht nur das stärkste Volk im Süden, sondern überhaupt die zahlenmäßig stärkste Volksgruppe in dem Vielvölkerstaat mit seinen mehr als 80 Ethnien. Heute dürften kaum mehr als eine Million

Dinkas übrig sein.

Vor allem gibt es schon seit Jahrzehnten eine Völkerwanderung von Südsudanesen in die Hauptstadt Khartum, oftmals die einzige Uberlebenschance. Dadurch haben die Zwillingsstädte Omdurman/Khartum längst eine schwarzafrikanische Mehrheit, die meisten davon Christen. Die Regierung hat immer wieder Zehntausende von ihnen aus der Hauptstadt fortgeschafft, um deren arabisch-islamischen Charakter wiederherzustellen. Dabei wurden die Menschenmassen in Wüstenlager verfrachtet, wo sie ohne Wasser und Nahrung qualvoll umkamen.

Das Schreckensregime mit den bestialischen Foltermethoden hat den größten Teil der sudanesischen Elite zur Flucht veranlaßt. Im Exil haben nun Nord- und Südsudanesen, Moslems und Christen zueinander gefunden wie nie zuvor. Leidtragende dieser Aufwertung des Regimes sind die große Mehrheit der Sudanesen -Moslems, die unter der Schreckensherrschaft der Islamisten nicht weniger leiden als die Christen, nach denen jedoch niemand fragt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung