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Konzeptlosigkeit auf dem Weg in die Pleite

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Ohne neue Finanzspritzen ist Österreichs Krankenversicherung bis 1978 pleite. Derzeit streiten sich die Verantwortlichen: die einen verlangen Zuschüsse vom Bund, die anderen vom Land, daneben wird über einen Spitalschilling und über eine allgemeine Erhöhung der Kassenbeiträge diskutiert.

Vorschläge in bunter Vielfalt, die die kranken Kassen nur immer kränker machen würden. Wirksame Therapien werden seit Jahren aufgeschoben, denn die Medizinmänner könen sich nicht einigen.

Eine echte Sanierung müßte bei der Kostensenkung anfangen. An erster Stelle wäre eine Reorganisation der Spitäler zu nennen, wobei ohne Verschlechterung der Patientenbetreuung enorme Einsparungen möglich wären. Einsparungen könnten auch anderswo erzielt werden. So sollte endlich die Frage, ob Ambulatorien oder Privatpraxen vorzuziehen seien, pragmatisch von Fall zu Fall unter der Perspektive des geringeren Kostenaufwandes entschieden werden.

Ebenso wären Leistungsreduktionen bei den Bagatellfällen zu verantworten, wenn dadurch Beitragssteigerungen vermieden und die Leistungen bei schweren Erkrankungen verbessert werden könnten. Ferner wäre eine gewisse Eigenleistung (Selbstbehalt), welche die unnötige Inanspruchnahme von Arztleistungen reduzieren würde, zumutbar.

Den drohenden Beitragserhöhungen wären aber immer noch punktuelle Maßnahmen vorzuziehen. Mit dem Gedanken der solidarischen Risikogemeinschaft wäre es durchaus vertretbar, wenn jemand, der freiwillig höhere Risken eingeht, auch höhere Kosten trägt.

So sollten beispielsweise alkoholische Getränke mit einer nach ihrem Alkoholgehalt gestaffelten Abgabe belegt werden. Eine analoge Belastung wäre auch für Tabakwaren angebracht. In beiden Fällen müßten die neuen Abgaben zweckgebunden der Behandlung und Pflege von Alkoholikern und starken Rauchern zugeleitet werden.

Ob man die Finanzierung der Heilkosten für Autounfälle über eine Abgabe auf den Treibstoffpreis oder durch eine zweite Pflichtversicherung finanziert, müßte ausdiskutiert und auskalkuliert werden. Eine Belastung des Benzinpreises wäre insofern gerechter, als damit die eifrigsten Fahrer — also die größten Rislkofälle — am stärksten belastet würden. Da Sportunfälle bereits über eine Milliarde pro Jahr kosten (mehr als 50 Prozent davon sind Skiunfälle), wäre eine Ausklammerung auch dieser Gruppe aus der allgemeinen Krankenversicherung gerechtfertigt. Eine freiwillige oder verpflichtende Zusatzversicherung könnte an die Stelle der bisherigen Regelung treten. Die Zusatzversicherungen sollen keinesfalls nur neue Geldquellen erschließen, welche es ermöglichen, die bisherigen Mißstände noch ein paar Jahre zu prolongieren. Sie sollten aber eine größere Beitragsgerechtigkeit herbeiführen.

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