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Kopfschüßler

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,J3is zum Bundesparteitag ist die Personaldiskussion in der ÖVP abgeschlossen, denn irgendwann muß ja wieder Ruhe sein.“

Nein, nein: Nicht ÖVP- Chef Alois Mock hat das gesagt, sondern vor 15 Jahren äußerte sich so ein anderer Parteiobmann der ÖVP: Karl Schleimer.

Damals ging es gegen das Gespann Schleinzer-Kohl- maier, und es waren die Steirer, die vor dem Linzer Parteitag eine Personaldiskussion vom Zaun brachen. Der Karikaturist Ironimus zeichnete das wilde Bergvolk als keulenschwingende Neger direkt aus dem Tannen-Kral jenseits des Semmerings.

Im Jahr 1963 war auf Initiative der steirischen Reformer das Gespann Klaus-Withalm beim Parteitag in Klagenfurt installiert worden. Heinrich Drimmel hatte gegen den Salzburger Josef Klaus kandidiert und war unterlegen.

Drei Jahre später brachte die Ära Klaus-Withalm der Volkspartei den größten Erfolg seit 1945: Sie errang bei den Wahlen am 6. März 1966 die absolute Mehrheit.

Selbst wenn man in Betracht zieht, daß dieser Sieg zum Teil auch durch die SPO selbst mitverschuldet wurde, die damals in einer krisenhaften Phase war, bedeutete dieses Ergebnis doch die Bestätigung des politischen Kurses der Reformer: Das Aufbrechen überlebter

Strukturen, das Formulieren neuer Ziele wurde vom Wähler honoriert.

Die historischen Reminiszenzen sollen nur zeigen, daß es in der ÖVP immer wieder Auseinandersetzungen um eine parteiinterne Erneuerung gegeben hat. Nicht ohne Koketterie spielten die Steirer dabei die Rolle der rabiaten Kopfschüßler. „Wir haben zu grob genähte Schuhe für das Wiener Parkett“, pflegte der „alte Krainer“ zu sagen. Das hinderte ihn aber nicht, in Wien kräftig mitzumischen.

Dabei handelte es sich aber nicht um Übermut, so wie es auch jetzt manchmal den Anschein hat, wenn rüde Töne aus der Steiermark ertönen: Es ging und geht auch immer wieder um das Selbstbewußtsein, als Volkspartei mehrheitsfähig zu bleiben, sich nicht abzufinden mit Machtreservaten.

Genau diesen Eindruck aber erweckt die ÖVP heute: Als fände man sich auch mit einer 30-Prozent-Partei ab, wenn nur die Machtpositionen in der Koalition erhalten bleiben. Und deshalb wollte die ÖVP auch gar keinen parteipolitischen Gewinn aus der Tatsache schlagen, daß der Koalitionspartner in einer tiefen Krise steckt.

Diese Selbstbescheidung, die an Selbstaufgabe grenzt, weckt den Groll der Steirer. Und in Wien und St. Pölten sollte man überlegen, ob sie wirklich so unrecht haben.

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