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Kreiskywird bleiben: Der Stil mißfallt

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Bruno Kreisky erklomm die Spitze der Karriereleiter, indem er seinen Vorgänger Pittermann durch eine Altersklausel matt setzte. 1983 will er mit 72 Jahren nach zweimaliger Inanspruchnahme von Ausnahmebewilligungen von dieser Altersklausel weiterregieren.

Wiederholte Hinweise auf das angeblich noch ausstehende Urteil seiner Ärzte ändern nichts an der Tatsache: Er will bleiben und deshalb wird er bleiben, und kein Arzt soll sich da ein Wenn und Aber trauen.

Der Stil mißfällt.

Aber nicht nur sein eigener, sondern auch der seiner Umgebung, die vor keiner Selbstdemütigung zurückscheute, um den Kaiser kniefällig zu bestürmen, die Last der Krone einmal noch auf sich zu nehmen.

Die Sozialistische Partei Österreichs ist eine an politischen Talenten reiche Bewegung. Selbstverständlich verfügt sie auch über geeignete Nachfolgekandidaten. So zu tun, als wäre jeder von ihnen vollfit nur halb so gut wie Kreisky im Pyjama am Spitalstelefon, ist weder fair noch loyal, sondern schlicht würdelos.

Die Zeiten, wer wüßte es nicht, sind schwierig, aber gerade in schwierigen Zeiten sollte die totale Verfügbarkeit eines Regierungschefs eine Selbstverständlichkeit sein. Und gerade jetzt wären Kraft und Mut zu neuen, unorthodoxen Wegen wichtig, nicht das Weiterverwalten metastasieren-der Probleme.

Gewiß: Adenauer war als Bundeskanzler älter noch als Kreisky. Aber er war nach Jahren unfreiwilliger Erholung alt in die Politik zurückgekehrt. Kanzler war er vierzehn Jahre lang; bei Kreisky sind es immerhin schon zwölf. Adenauer strebte nicht den Heldentod am Schreibtisch an, sondern schied vier Jahre vor seinem physischen Ende aus dem Amt.

Österreichs Kanzler hat, auch wenn eingefleischte Kreisky-Hasser es nicht zugeben wollen, seine historischen Verdienste: als politisches Talent von in der Tat internationalem Zuschnitt, als Mitträger der Aussöhnung zwischen Sozialdemokratie und Kirche, auch als Motor des Reformschwungs der siebziger Jahre, wie sehr man mit einzelnen dieser Reformen auch rechten mag.

Aber eins muß auch gesagt werden: Unter keinem Bundeskanzler ist der Wert eines Politikerwortes so tief gesunken wie unter ihm. Er hat alles Denkbare und jedes dazu erfindbare Gegenteil schon als Programm verkündet. Da ist sein jüngster verbaler Schwenk in Sachen Koalition nur ein Beispiel von hunderten. Zum Verfall der politischen Kultur dieses Landes, die jetzt ringsum beklagt wird, hat Bruno Kreisky einen Löwenanteil beigetragen.

Auch wenn manche seiner Kritiker nun, da sie sein Bleiben sehen, wieder zurückhaltend werden, muß es ausgesprochen sein: Seine Wiederkandidatur ist äußerst problematisch.

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