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Kroaten in Österreich
Zur Zeit der türkischen Eroberungskriege, die von der zweiten Hälfte des 15. bis zum Ende des 16. Jahrhunderts dauerten, verlor Kroatien für längere Zeit einen Großteil seines Territoriums. Der Ansturm der Türken, der ganz Europa in Schrecken versetzte, verursachte eine Auswanderung der Kroaten in verschiedene Richtungen. Der Weg in nordwestlicher Richtung brachte die Kroaten über Mur und Drau nach Westungarn und weiter nach Niederösterreich, in die Slowakei und nach Mähren. Allein in dieser Richtung wanderten etwa 200.000 Kroaten aus, die auf dem genannten Weg ungefähr 200 Dörfer gründeten oder besiedelten. In den letzten Jahrzehnten der Österreich-Ungarischen Monarchie lebten die Kroaten überwiegend im ungarischen Teil des Staates. Die Grenzziehung zwischen Österreich und Ungarn vom Jahre 1921, in der die meisten Teile des deutschsprachigen Gebietes Westungarns an Österreich fielen, hatte für die Kroaten den fatalen Effekt, daß Kroaten in Westungarn und Kroaten in Österreich getrennt wurden.
In den letzten Jahren haben bur-genländische Kroaten in Österreich rege kulturelle Tätigkeit entwickelt, ein kroatischer Akademikerbund in Wien veranstaltete vor längerer Zeit an der Universität Wien das „Symposion Croaticon“, dessen Referate und Koreferate in kroatischer und deutscher Sprache veröffentlicht wurden. Vortragende waren unter anderen so bedeutende Persönlichkeiten des wissenschaftlichen Lebens wie der Wiener Universitätsprofessor Josip Hamm, Prof. Mirko Valentic, Assistent am Institut für die Geschichte der Arbeiterbewegung Kroatiens in Agram, Universitätsprofessor Franz Plasil, Professor Dr. Theodor Veiter und andere. Die Publikation ist nicht nur politisch wichtig, weil sie die derzeitige kroatische Realität in Österreich erhellt, sondern auch als gute Einführung in die Welt der Kultur, der Geschichte, der Soziologie der burgeniändischen Kroaten. Plötzlich ist uns die besondere Situation dieser Kroaten präsent, eine isolierte Inselsituation ohne Verbindung mit kroatischem Mutterland, aus der eine naive, bäuerliche, fast archaisch wirkende Kultur mit einer vorwiegend religiösen und patriotischen Literatur in einer altertümlichen kroatischen Sprache, die sich von der sonst üblichen kroatischen Schriftsprache teilweise unterscheidet, hervorgegangen ist. Einer der hervorragendsten Schriftsteller der burgeniändischen Kroaten war Ignaz Horvat, der seit 1923 die Zeitung „Hrvatske Novine“ herausgab. In dieser „Kroatischen Zeitung“ unterrichtete Horvat das kroatische Volk in Österreich. Er klärte die Bewohner in Politik und Wirtschaft sowie in allen Dingen der Wissenschaft und des praktischen Lebens auf. Er unterhielt die Dorfbevölkerung jeden Sonntag mit Feuilletons und Humoresken.
Horvat und andere Schriftsteller und Intellektuelle kämpften aber auch für alle Rechte, die „uns Kroaten als nationaler Minderheit im Burgeniland in den Schulen, Ämtern und im öffentlichen Leben zukommen. Man kann sagen, daß der kroatische Akademikerbund in Wien diese Tradition in unseren Tagen auf internationaler Basis, mit Veranstaltungen, an denen Wissenschaftler aus verschiedenen Ländern teilnehmen, weiterführt. Auch dieses mit vielen historiographischen Karten von Doktor Josef Breu ausgestattete Buch ist ein Zeugnis vom Aufleben des kroatischen nationalen, aber österreichtreuen Bewußtseins im Burgenland.
SYMPOSION CORATICON, die burgeniändischen Kroaten. Redakteur Franz Palkovits. Universitäts-Verlagsbuchhandlung Wilhelm Braumüller, Wien, 96 Seiten, 30 Abbildungen, 1 Statistik.
DIE BURGENLÄNDISCHEN
KROATEN VOM 16. JAHRHUNDERT BIS HEUTE. Historisches Museum Kroatiens, Zagreb — Bur-genländisches Landesmuseum, Eisenstadt, 295 Seiten, 29 Abbildungen, 5 Karten, S 250.—.
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