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Kroatien braucht rasche Hilfe

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„Österreich muß bereit sein zu helfen". Mit diesem Plädoyer schlägt Friedrich Gleißner, Leiter der Außenhandelsabteilung der Bundeswirtschaftskammer, in dieselbe Kerbe wie kürzlich Außenminister Alois Mock. Dieser hatte am Tag der Anerkennung Sloweniens und Kroatiens ein entschiedenes wirtschaftliches und finanzielles Engagement unseres Landes gefordert.

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„Österreich muß bereit sein zu helfen". Mit diesem Plädoyer schlägt Friedrich Gleißner, Leiter der Außenhandelsabteilung der Bundeswirtschaftskammer, in dieselbe Kerbe wie kürzlich Außenminister Alois Mock. Dieser hatte am Tag der Anerkennung Sloweniens und Kroatiens ein entschiedenes wirtschaftliches und finanzielles Engagement unseres Landes gefordert.

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Die Erwartungen Sloweniens und Kroatiens sind groß, großzügige Wirtschaftshilfe für den Wiederaufbau und die Etablierung eines neuen Wirtschaftssystems zu erhalten. Das von Staatspräsident Franjo Tudjman angekündigte „goldene Zeitalter" Kroatiens wird man sich aber ohne Hilfe von außen kaum vorstellen können. Denn die Nachrichten aus Kroatien sind eher bedrückend: Neben menschlichen Tragödien herrschen unbeschreibliche Versorgungsund Wohnungsnöte, Zerstörungen und Firmenzusammenbrüche; Slowenien braucht ebenfalls dringend tatkräftige Unterstützungen. Und das nicht nur mit Worten.

Österreichs Wirtschaft weiß das auch. Dazu Gleißner: „Demnächst reist eine hochrangige Wirtschaftsdelegation nach Kroatien und Slowenien. Sie soll keinesfalls nur eine Good-will-Tour sein. Wir können diesen Ländern konkrete Hilfsmaßnahmen anbieten, die zumindest andiskutiert werden sollten."

Die Bundeswirtschaftskammer selbst ist bereit, unverzüglich Maßnahmen einzuleiten, um die schlimmsten Nöte lindern zu helfen: Zum Beispiel Schenkungen wie Dachzie-

geln, Baumaterial für den Wiederaufbau von zerstörten Häusern und was die Kroaten zur Beseitigung der Kriegsschäden sonst noch brauchen. Spendenwillige Firmen, so Gleißner, sollen sich mit dem Referat für Slowenien und Kroatien der Bundeswirtschaftskammer, in Verbindung setzen (Dr. Horst Machu, Tel. 0222/ 50105/K1. 4326).

Aber solche Soforthilfemaßnahmen sind nicht genug. So ist auch ein verstärktes Hilfeprogramm der Bundeswirtschaftskammer für die Manage-

mentausbildung geplant; an den Kosten beteiligt sich auch das Wirtschaftsministerium.

Die Bundesregierung ist ebenfalls gefordert. Gleißner sieht insbesondere Handlungsbedarf im Bereich der Außenwirtschaftspolitik: „Je offener wir für Warenlieferungen aus diesen Ländern sind, umso mehr unterstützen wir sie wirtschaftlich. Momentan haben Kroatien und Slowenien Zoll-

präferenzen wie für Entwicklungsländer. Das heißt, die normalen österreichischen Zölle sind bei den meisten Positionen halbiert".

Ein Freihandelsabkommen mit Slowenien und Kroatien würde bedeuten, daß auf unserer Seite die bestehenden Zölle viel schneller abgebaut werden müßten als umgekehrt. Österreich ist sicher bereit, Gleißners Aussage zufolge, in Gespräche darüber einzutreten.

Für diese Länder sei es aber nicht nur wichtig, mit uns ein Freihandelsabkommen zu schließen, sondern auch mit der EG und den übrigen EFTA-Staaten. Österreich könne sich sehr darum verdient machen, hier zu helfen.

Umschlagplatz Slowenien

Der Chef der Außenhandelsabteilung meint allerdings, es wäre wünschenswert, wenn trotz der erlangten Selbständigkeit und wirtschaftlichen Ausrichtung auf Westeuropa sowohl Slowenien als auch Kroatien friedliche Handelsbeziehungen mit den restlichen Teilrepubliken wieder aufnehmen könnten. Das sei eine gesamteuropäische Herausforderung.

Das kleine Slowenien beispielsweise habe 1990 rund 40 Prozent der österreichischen Exporte aufgenommen. Allerdings hat das Land groß-teils auch als Drehscheibe agiert und in die anderen jugoslawischen Republiken weiterexportiert. Daher wäre besonders Slowenien auch ein wichtiger Umschlagplatz im ehemaligen österreichisch-jugoslawischen Handel gewesen.

Aber bis es zur Verwirklichung dieser Wirtschaftsbeziehungen kommt, muß wohl erst ein wirklicher Friede auf der Basis der gegenseitigen Anerkennung erreicht sein.

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