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Krone auf der Post

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Der letzte Monarch, der in Quebec irgendeinen Einfluß hatte, war Louis XVI., scherzte der liberale Quebecer Minister Jean-Paul L'Al-lier während des Besuches von Queen Elizabeth in Kanada. L'Allier fügte hinzu: „Wenn Quebec hundert Probleme hat, dann ist die Monarchie das hundertste.“

Nun hat die Konferenz der Commonwealth-Ministerpräsidenten in Ottawa innerhalb weniger Wochen zu einem zweiten Besuch der Königin geführt. Wieder aber vermeidet sie es, die Provinz Quebec zu besuchen. Massendemonstrationen während ihres Besuches in Quebec im Jahr 1964 erklären dies. (Selbst als Königin Elizabeth 1967 die Montrealer Weltausstellung besuchte, vermied sie es, anderswo in Quebec zu erscheinen.) Premierminister Pierre Trudeau, im Parlament nach der Ursache dieses Verhaltens befragt, konterte brüsk: „Die Provinz Quebec hat die Königin nicht eingeladen.“

Montreals „Le Journal“ kommentierte, Quebec habe nichts gegen die Person der Königin, sondern gegen das, was sie repräsentiere. Der Kolumnist Ruflange verglich sogar die Monarchie mit Löwenzahn: „Man findet ihn hübsch, aber man wünscht ihn nicht vor dem eigenen Haus.“

Bei den Wahlen des Vorjahres gewann die Liberale Regierungspartei 56 ihrer 109 Mandate in Trudeaus vorwiegend französischsprachiger Heimatprovinz Quebec, schnitt aber bei den Anglokanadiern schlechter ab als die Konservativen, die in „La Belle Province“ bloß zwei ihrer 107 Mandate erobert hatten.

Um bei den „Anglos“ Terrain zu gewinnen, hat sich Trudeau — so die Opposition — bemüht, die Königin wieder zu häufigen Kanadabesuchen zu veranlassen, um sich durch sein häufiges Erscheinen an ihrer Seite, als „allzeit getreuer“ Anhänger der Monarchie zu legitimieren. Diese monarchistischen Sentiments Trudeaus waren in den Jahren, da er die politische Arena dominierte, unbekannt. Kanadische Monarchisten haben ihm nicht vergeben, daß er die Krone auf den Postautos übermalen ließ und mit dem Gedanken gespielt hatte, das „Royal“ (Königlich) aus dem Namen der Royal Canadian Mounted Polices zu entfernen ...

Trudeau kann heute nur mit Toleranz der 31 sozialistischen Abgeordneten Premierminister bleiben und ihr Führer David Lewis hat nun bei dem Parteitag in Vacouver erklärt: „Ich kann mir nur schwer vorstellen, daß wir die Regierung Trudeau viel länger tolerieren können.“ Doch mit den Voraussagen über Neuwahlen in Kanada ist es eine schwierige Sache; immerhin war der aus Toronto stammende englische Zeitungskönig Lord Thomson of Fleet (Verleger der „London Times“ und 182 anderer Zeitungen) der Ansicht, daß Kanada noch vor Jahresende eine konservative Regierung haben werde.

Kanadas Post — vielleicht von den neuerwachten monarchistischen Gefühlen Trudeaus inspiriert — hat nun (zum erstenmal in diesem Jahr) Briefmarken mit dem Bildnis der Königin herausgebracht. Diese Briefmarken sind zudem größer als jede Marke in der Geschichte Kanadas.

Schon haben die Zeitungen berichtet, daß der Volksmund bereits eine respektlose Abkürzung für die vielen In Ottawa tagenden „Heads of Government“ (Regierungschefs) gefunden habe: HOG. Das Wort bedeutet — Schwein.

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