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Kubas Abzug aus Angola

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Traditionell gilt Analytikern Kubas internationale militärische Präsenz in Afrika schlicht als Skandal. Denn Außenpolitik sei den Großmächten vorbehalten, die über Macht und Masse verfügen.

Als sich Fidel Castro 1975 auf ein massives militärisches Engagement in Afrika einließ, widersprach dies denn auch derart jeder westlichen Logik, daß Henry Kissinger meinte, Castro müsse entweder verrückt oder aber ein Söldner Moskaus sein.

Warum ging Kuba nach Afrika? Die Rahmenbedingung stellt Kubas Maxime des „proletarischen Internationalismus“. Seit 1959/60 steht Kuba gegenüber den USA mit dem Rücken zur Wand. Unter dieser Bedingung, so der absolute Glaubenssatz in Havanna, könne eine isolierte Revolution nicht überleben.

Deshalb sucht die Revolution Bundesgenossen in aller Welt zur „antiimperialistischen Allianz“. Deshalb unterstützt Kuba überall revolutionäre Bewegungen.

Der Schwerpunkt Afrika ist das Erbe des Argentiniers Ernesto

„Che“ Guevara, der seinen kubanischen Kampfgefährten Geopo-litik beigebracht hat. Danach ist Afrika das offene Schlachtfeld im Wettbewerb zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Deshalb finden wir „Che“ 1964/65 als Partisan im Kongo; deshalb finden wir Kuba, das sich seiner afrikanischen Wurzeln — die über den Sklavenhandel auch nach Angola zurückreichen — wohl bewußt ist, seit Beginn der Revolution auf dem Schwarzen Kontinent.

So entwickelte es seit 1960 eine auf Menschen basierende Kooperationspolitik: Ärzte, Ingenieure, Lehrer und Bauarbeiter, bald auch Sicherheitsberater und Militärs, wurden in alle jene schwarzafrikanischen Staaten geschickt, die Hilfe erbaten. Da zunächst die militärischen Kontingente klein waren, erregte dies bei den USA kaum Aufsehen.

Der „Skandal“ brach los, als Kuba im November 1975 im angolanischen Bürgerkrieg, gerufen von seinem langjährigen Bündnispartner, der MPLA-Fraktion, die am Verlieren war, massiv Beistand leistete und so den Bürgerkrieg zugunsten der MPLA — heute immer noch an der Regierung -entschied. Da jedoch die Auseinandersetzungen nie aufhörten, blieben denn auch die Kubaner in Angola. Dies entsprach auch Havannas Politik, schwarze „Frontstaaten“ gegen Südafrikas „Apartheid“ zu unterstützen.

Ende der siebziger Jahre wiederholte sich der massive militärische Einsatz in Äthiopien, wo Kubas Afrikacorps ebenfalls binnen weniger Wochen den Bürgerkrieg entscheiden konnte. Insgesamt dürften an die 300.000 kubanische Soldaten in den vergangenen zehn Jahren in afrikanischen und arabischen Staaten gedient haben.

Das revolutionäre Führungsprofil Kubas brachte hohes Ansehen in der Dritten Welt; das autonome Handeln gegenüber der weit vorsichtigeren Sowjetunion verschaffte Havanna beträchtlichen Respekt in Moskau, das den karibischen Bündnispartner nicht herumboxen kann, sondern unterstützen muß; Afrika ist ein „Abenteuerventil“ für die unternehmungslustigen Kubaner, für die der Einsatz die einzige Chance einer Auslandsreise ist (daran ändern auch die 3.000 bis 4.000 Gefallenen nichts).

Diese Art der Afrikapolitik verhinderte aber bisher jede Art der Versöhnung mit den USA. Kubas Wirtschaft ist durch den Abzug von professionellen Kadern und Materialien für Afrika belastet; die so entstehende Auseinandersetzung zwischen den Staatsmanagern, die Kuba hochbringen wollen, und den „Internacionali-stas“, denen es um das revolutionäre Engagement geht, wurde bisher von Castro persönlich immer zugunsten der „Internaciona-listas“ entschieden.

Nach dem Abzug seiner Corps aus Angola werden in Afrika die Karten nur neu gemischt, nicht aber wird Kubas Präsenz am Schwarzen Kontinent beendet.

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